Großes Medieninteresse herrschte bei der Präsentation des Fiskalberichts durch Bernhard Felderer.

Konsolidierungskurs mit Offensivmaßnahmen gefordert

Obwohl – aus verschiedenen Gründen – für 2015 ein höherer Rückgang des gesamtstaatlichen Defizits erreicht wurde und die Fiskalregeln 2015 eingehalten wurden, mahnt Fiskalrats-Präsident Bernhard Felderer mehr Budgetdisziplin ein. Und er bricht eine Lanze für die Gemeinden. KOMMUNAL war bei der Präsentation.





Felderer bezog sich dabei auf seine (erwartbare, Anm.) Prognose, dass 2016 die „Flüchtlingskosten“ stark ansteigen werden. Vor allem der Brocken „Integration“ dürfte dafür ausschlaggebend sein, da ja die Zuwanderung mit einem Richtwert begrenzt wurde. Wie weit dieser Richtwert auch einzuhalten ist, darüber wollte er nicht spekulieren, sondern verwies diesbezüglich auf Österreichs humanitäre Verpflichtungen. Er – beziehungsweise der Fiskalrat – erwarten für 2016 Mehrausgaben in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro. Das betrifft aber nur die Kosten, ohne darin auch positive wirtschaftliche Effekte durch eine möglichst rasche Eingliederung der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt einzurechnen. Gerade in dem Punkt seien aber, so Felderer, Widerstände seitens verschiedener Interessenvertretungen zu erwarten, obwohl – wie Felderer meinte – temporäre Mehrausgaben aufgrund der Flüchtlingsmigration bei der Evaluierung des Budgetpfads Österreichs durch die Europäische Kommission als außergewöhnliche Belastung angerechnet werden.



Wörtlich meinte der Chef des Fiskalrats in seinen Empfehlungen, es sei „hervorzuheben, dass Bestrebungen zur möglichst raschen Integration der Asylberechtigten (zum Beispiel durch Schulungen, Erleichterungen des Arbeitsmarktzugangs, verstärkte Anreize zur Integration, österreichweite einheitliche Standards bei der Mindestsicherung und Integrationsoffensiven) die diesbezüglichen Gesamtkosten des Staates gesenkt werden könnten und ein solches Maßnahmenpaket rasch umgesetzt werden sollte.“



Er relativierte aber auch, da die Erfahrung gezeigt hat, dass erfolgreiche Integration auch von Faktoren wie „kulturelle Nähe“ abhängt. Als Beispiele nannte er die erfolgreiche Entwicklung nach der Balkan-Krise (Ex-Jugoslawien) im Gegensatz zur viel schwierigeren Situation nach dem Kaukasus-Konflikt (Tschetschenien).

Investitionen



Felderer korrigierte auch die Forderung nach noch mehr Investitionen des Staates. Er meinte, dass in diesem Punkt die Republik in den vergangenen Jahren lange nicht so viel eingespart habe, wie andere Länder Europas. Die Investitionen der öffentlichen Hand seien also auf gutem Weg. Was in Österreich stark zurückgeblieben sein, sind die Privaten Investitionen, die 85 bis 90 Prozent der Summe ausmachen. Warum das so ist, sei im Wesentlichen aber unklar. Zu seiner Einschätzung befragt, meinte er, dass „der Zick-Zack-Kurs der Regierung mit wechselnden steuerlichen Positionen in den vergangenen Jahren ein Klima der Unsicherheit geschaffen haben, das für Investitionen hinderlich gewesen sein.“

Schlussfolgerungen und Empfehlungen



Für die Jahre 2016 und 2017 besteht die Möglichkeit, dass die Einhaltung der EU-weiten Fiskalregeln „erheblich“ verfehlt und der Frühwarnmechanismus im Frühjahr 2017 ausgelöst wird. Der geschaffene budgetäre Spielraum aus der Unterschreitung des mittelfristigen Budgetziels im Jahr 2015 wird nach der aktuellen Frühjahrsprognose des Fiskalrates nicht ausreichen, um die strukturelle Budgetregel einzuhalten. Der aktuelle Budgetpfad der Bundesregierung (April 2016) sieht eine Vielzahl von defiziterhöhenden Maßnahmen vor, die in Summe eine Unterbrechung des regelkonformen Budgetkurses der Bundesregierung in den Jahren 2016 und 2017 bewirken dürften.



Um die fiskalischen Vorgaben in Zukunft einhalten zu können, muss aus Sicht des Fiskalrates der Weg eines wachstumsschonenden Konsolidierungskurses in Kombination mit Offensivmaßnahmen wieder konsequent fortgesetzt werden, wobei Strukturreformen an Bedeutung gewinnen müssen. Die jüngste Flexibilisierung der EU-Fiskalregeln erleichtert es, wachstumsfördernde staatliche Impulse (Europäischer Fonds für Strategische Investitionen, Investitions- und Strukturreformklausel) zu setzen. So könnte Österreich einen Strukturreformplan zum Beispiel im Bildungsbereich, für weitere öffentliche Infrastrukturinvestitionen oder zur Entlastung des Faktors Arbeit mit anfänglichen budgetären Zusatzmitteln starten, sofern ein nachhaltiger Anstieg des Potenzialwachstums zu erwarten ist (Regel-Abweichungen bis zu drei Jahre möglich).



Der Fiskalrat empfiehlt, dass die Bundesregierung die Anrechnung von geplanten Strukturreformen gemäß der Flexibilisierungsbestimmungen des SWP überprüft.



Zudem erschien Felderer der Fokus auf Effizienzsteigerung insbesondere in den gebietskörperschaftsübergreifenden Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Pflege, öffentlicher Nahverkehr – neben dem Ziel der Bundesregierung zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Entflechtung der öffentlichen Aufgaben – unerlässlich.

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