grüner Fußabdruck
Lokalpräferenzen sind nicht mit dem Argument der „Ökologie“ rechtfertigbar.
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Ökologische Beschaffung bei Gemeinden

Kürzlich hat die Bundesregierung den aktualisierten Aktionsplan für eine nachhaltige öffentliche Beschaffung, den sogenannten „naBe-Aktionsplan“ zur Kenntnis genommen und unter anderem Städten und Gemeinden empfohlen diese aktualisierten Kriterien zu berücksichtigen.

Gemeinden sind an diesen nabe-Aktionsplan zwar nicht gebunden, es ist aber auch für sie sinnvoll sich mit diesem näher zu beschäftigen. Der nabe-Aktionsplan gibt Richtlinien/Vorschläge für eine nachhaltige Beschaffung einschließlich operativer Kriterien für die Beschaffung von Waren und Leistungen aus 16 Leistungskategorien und ist Ausdruck der aktuellen Diskussion zur nachhaltigen Beschaffung in Österreich, zu der unter anderem auch die Vorgabe der ökologischen Beschaffung zählt. 

Auf Umweltgerechtheit im Beschaffungsprozess Bedacht nehmen

Auch für Gemeinden gilt § 20 Abs 5 BVergG 2018, wonach auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen ist.

Dies kann in unterschiedlichster Form und in unterschiedlichsten Phasen des Beschaffungsprozesses, wie z. B. bei der Beschreibung der Leistung (z. B. Büromöbel nicht aus Tropenholz, emissionsfreie Fahrzeuge), bei der Festlegung der technischen Spezifikationen, durch die Festlegung konkreter Eignungs-, Auswahl- und Zuschlagskriterien oder durch die Festlegung von Vertragsbedingungen (z. B. Einsatz von Personen mit einer bestimmten ökologischen Expertise) erfolgen. Den Gemeinden kommt hierbei ein weiter Gestaltungsspielraum zu. 

Lokalpräferenzen nicht mit dem Argument der „Ökologie“ rechtfertigbar

Eingeschränkt wird dieser Gestaltungsspielraum vor allem durch die unionsrechtlichen Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Gleichbehandlung, der Transparenz und der Verhältnismäßigkeit des allfälligen Eingriffs in die Waren- und Dienstleistungsfreiheit, wie sie auch dem § 20 Abs 1 BVergG 2018 zu entnehmen sind.

Bezogen auf „ökologische Kriterien“ und „Leistungsbeschreibungen“ bedeuten diese allgemeinen unionsrechtlichen Einschränkungen, dass Lokalpräferenzen nicht mit dem Argument der „Ökologie“ gerechtfertigt werden können und besondere ökologische Anforderungen auch im Verhältnis ihrer Markteinschränkung zum ökologischen Nutzen zu betrachten sind.

Dieser ökologische Nutzen ist dabei umso höher, je allgemeiner bestimmte ökologische Vorgaben sind. Derartige allgemein anerkannte Vorgaben finden sich unter anderem zu Gütezeichen, in Normen zum Umweltmanagement (ISO 14001:2004 bzw EMAS) oder transparenten, zumindest national anerkannten Kriterien, wie z. B jenen des nabe-Aktionsplans, der Ökokaufrichtlinien der Stadt Wien, branchenspezifischen Gütezeichen, wie etwa das Gütezeichen der ARGE Güteanforderungen für Erzeugnisse im Siedlungswasserbau, oder dem in Kürze erscheinenden ÖWAV–Arbeitsbehelf zur ökologischen Beschaffung. Aus Sicht der Gemeinden lassen sich im Groben folgende Phasen und damit verbundene Möglichkeiten zur Berücksichtigung ökologischer Aspekte unterscheiden:

Definition des Leistungsgegenstandes: Was wird beschafft?

Der Gemeinde kommt bei der Bestimmung des Beschaffungsgegenstandes ein großer Gestaltungsspielraum zu. Insbesondere zu technischen Spezifikationen können ökologische Aspekte durch Verweis auf ökologische Gütezeichen, wie z. B. auf das europäische Umweltzeichen (EU Eco Label), das österreichische Umweltzeichen und einschlägige Zertifizierungen berücksichtigt werden. § 108 BVergG 2018 sieht aber strenge Voraussetzungen vor, wonach (kumulativ)

  • nur solche Gütezeichen verlangt werden dürfen, die mit dem Auftragsgegenstand in Verbindung stehen und für die Bestimmung der Merkmale der Leistung geeignet sind,
  • die Anforderungen objektivierbar und nicht diskriminierend sind,
  • das Gütezeichen und die diesbezüglichen Anforderungen im Rahmen eines offenen und transparenten Verfahrens, an dem sich alle interessierten Kreise – wie etwa staatliche Stellen, Verbraucher, Sozialpartner, Hersteller und Händler und NGOs – beteiligen konnten, entwickelt worden sein, 
  • alle interessierten Unternehmen der Zugang zum Gütezeichen möglich ist, und
  • die Anforderungen von dritter Seite, ohne Einflussnahme des beantragenden Unternehmers, festgelegt werden

Bei der Vorgabe von Gütezeichen ist vor allem der unionsrechtlich begründete Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu berücksichtigen. Nicht jedes Unternehmen verfügt über die zulässigerweise geforderten Gütezeichen. Gleichwertige Nachweise / Zertifizierungen sind neben einem geforderten Gütezeichen jedenfalls zuzulassen! Dazu ist es erforderlich die maßgeblichen, die Gleichwertigkeit bestimmenden Kriterien / Anforderungen in der Ausschreibung festzulegen.

„Saubere Fahrzeuge“

Bei der Beschaffung bestimmter Leistungen sind auch Gemeinden zur Beschaffung ökologischer Produkte verpflichtet. Dies gilt aktuell vor allem für Fahrzeuge.

Hier haben auch Gemeinden in den kommenden Jahren einen bestimmten Anteil an sauberen Fahrzeugen bzw. Personenverkehrsdienste ausgeführt zu einem bestimmten Anteil mittels sauberen Fahrzeugen zu beschaffen; dies in Ergänzung zu der Anforderung des § 94 BVergG 2018, wonach bei der Beschaffung von Fahrzeugen betriebsbedingte Energie- und Umweltauswirkungen während der gesamten Lebensdauer zu berücksichtigen sind.

Keine Verpflichtung zur Energieeffizienz bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen

Dagegen sind Gemeinden – anders als zentrale Beschaffungsstellen – nicht verpflichtet eine bestimmte Energieeffizienz bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen gemäß § 95 BVergG 2018 zu berücksichtigen. Aber auch Gemeinden dürfen bei der Beschaffung bestimmter energieverbrauchsrelevanter Waren wie zB Kühlgeräte, Leuchten, Haushaltsgeräte, auf Energieeffizienz insoweit Rücksicht nehmen, als auf Anforderungen gemäß Anhang XIV des BVergG 2018 Bezug genommen wird. 

Durchführung des Vergabeverfahrens: Wie wird beschafft?

Soweit Auftragswert und Auftragsgegenstand Direktvergaben, nicht offene Verfahren ohne Bekanntmachung oder Verhandlungsverfahren zulassen, kann die Gemeinde schon im Rahmen dieser „Sonderverfahren“ auch ökologische Aspekte insoweit berücksichtigen, als sie bei der Einladung der Bieter auf besonders ökologisch agierende Bieter Rücksicht nimmt oder im Verhandlungsverfahren der Ökologie einen besonderen Stellenwert einräumt und diesbezügliche Forderungen in den Verhandlungen konkretisiert. 

  • Eignungs-/Auswahlkriterien sind unternehmensbezogen. Durch den Verweis auf Umweltmanagementsysteme gemäß § 87 BVergG 2018 (ISO 14001:2004 bzw EMAS) oder auf transparente, zumindest national anerkannten Kriterien, oder durch die Forderung nach ökologisch besonders qualifizierten Unternehmen kann der Kreis der Bieter auf ökologische Bieter eingeschränkt werden.
  • Zuschlagskriterien müssen sich auf irgendeinen Aspekt des Lebenszyklus beziehen. Ökologische Aspekte können insbesondere durch eine Lebenszykluskostenberechnung bzw. Berücksichtigung von Energiekosten bzw. Emissionswerte berücksichtigt werden. Reine örtliche Nähe darf dabei aber nicht als ökologisches Kriterium missbraucht werden; vielmehr bedarf es einer sachlichen Umrechnung z. B in „verursachte CO2 Äquivalente“.

Ausführungsphase: Wie wird die Leistung erbracht?

Auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens kann und muss die Gemeinde ökologische Aspekte berücksichtigen. Sie ist verpflichtet, die vereinbarten ökologischen Aspekte in der Vertragserfüllung zu kontrollieren und durchzusetzen.

Über die im Vertrag vereinbarten ökologischen Ausführungsbedingungen sind ökologische Leistungen einzufordern und gegebenenfalls zu sanktionieren. Dazu müssen schon die in der Ausschreibung festgelegten Vertragsbedingungen ausreichende Vorkehrungen vorsehen. Darüber hinaus kann es nach Auftragserteilung auch noch zu weiteren unwesentlichen Vertragsänderungen kommen, die die Gemeinde ebenfalls im Hinblick auf die Durchsetzung ökologischer Aspekte nutzen kann.