"Die Gemeinden haben mit dem Werk begonnen", sagte Bundespräsident Karl Renner im April 1945 und meinte damit den Wiederaufbau Österreichs.

Der Österreichische Gemeindebund 1947 bis 2015

Der offizielle Gründungstag des Gemeindebundes ist der 16. November 1947. An diesem Tag wurde im Palais Todesco in der Wiener Kärntner Straße der überparteiliche „Österreichische Landgemeindenbund“ konstituiert, dieser etwas sperrige Namen wurde bereits wenige Monate später in „Österreichischer Gemeindebund“ geändert.





Florian Födermayr war der erste Präsident des Gemeindebundes.




Gleichzeitig mit dem Aufbau des Gemeindebundes erfolgte jener der Landesverbände. Zum Zeitpunkt der Gemeindebund-Gründung im November 1947 gab es bereits in drei Bundesländern, nämlich in Oberösterreich, Salzburg und Tirol, überparteiliche Landesorganisationen. Und wenige Wochen zuvor hatten sich in Niederösterreich Gemeindevertreterverbände der ÖVP und der SPÖ konstituiert. Später sollte auch das Burgenland diesen Weg gehen, während in den anderen drei Ländern ebenfalls ein gemeinsamer Verband gegründet wurde.



Geführt wurde der neugegründete Gemeindebund in den ersten Monaten von einem Aktionskomitee und ab März 1948 von einem provisorischen Vorstand. An dessen Spitze stand ein dynamischer Steirer, der bald zu einem der herausragendsten Landespolitiker der Zweiten Republik aufsteigen sollte: Josef Krainer sen., zu dieser Zeit Landesrat und Bürgermeister der kleinen Gemeinde Gasselsdorf im Bezirk Deutschlandsberg.



Am 2. und 3. Oktober 1948 war Salzburg Schauplatz des 1. Österreichischen Gemeindetages und der konstituierenden Generalversammlung des Gemeindebundes. Deren wichtigster Tagesordnungspunkt war die Wahl des Vorstandes. Zum Obmann – später Präsident – wurde Florian Födermayr gewählt. Er war damit der erste von bisher insgesamt fünf Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes. Es waren dies Florian Födermayr (Oktober 1948 bis Dezember 1957), Ernst Grundemann-Falkenberg (Dezember 1957 bis Jänner 1971), Ferdinand Reiter (Jänner 1971 bis Februar 1987), Franz Romeder (Februar 1987 bis Februar 1999)und seit Februar 1999 Helmut Mödlhammer.



Ende der 40er-Jahre war der Aufbau des Gemeindebundes und seiner Landesverbände praktisch abgeschlossen, nur mehr eine verschwindend kleine Minorität von Gemeinden stand abseits. Und es war sicher ein großer Erfolg, als im Mai 1954 ein Runderlass des Bundekanzleramtes verfügte, „dem Österreichischen Gemeindebund und dem Österreichischen Städtebund von wichtigen Gesetzesentwürfen und Verordnungen, die das Interesse der Gemeinden berühren, Kenntnis zu geben und ihnen so die Möglichkeit zu eröffnen, neben den Ämtern der Landesregierungen ....die Interessen der Gemeinden zur Geltung zu bringen.“ Von einer echten, gesetzlich verankerten Interessenvertretung war man allerdings immer noch weit entfernt. Der lange Weg zur heutigen Position der österreichischen Kommunen, um die den Gemeindebund heute viele in Europa beneiden, war von weiteren „Meilensteinen“ geprägt, die hier nur auszugsweise Platz haben.



Dem Gemeindebund kam in diesen Anfangsjahren vor allem seine große europäische Tradition zugute. Österreichs Gemeinden waren Vorkämpfer der Europaidee, bereits in den 50er-Jahren gehörte der Gemeindebund zu den Gründungsmitgliedern des „Rates der Gemeinden Europas“, des späteren „Rates der Gemeinden und Regionen Europas“, sowie der „Konferenz der Gemeinden und Regionen“ beim Europarat. „Motor“ war dabei vor allem der geschäftsführende Bundesobmann Alois Lugger, der zum „Mr.Europa“ des Gemeindebundes avancierte. Auch die Idee, durch die Verschwisterung von Gemeinden über Grenzen hinweg die Menschen einander näher zu bringen, fiel in Österreich auf fruchtbaren Boden und wurde vom Gemeindebund kräftig gefördert



Am 12. Juli 1962 beschloss der Nationalrat die Gemeindegesetznovelle 1962, mit der die kommunale Selbstverwaltung in der Verfassung verankert wurde, und die es den Gemeinden ermöglichte, ihr Eigenleben zu intensivieren. Es war der entscheidende Schritt von der Verwaltungs- zur Gestaltungsgemeinde.



Gestalten statt nur Verwalten – das bedeutete für die Gemeinden natürlich auch neue Herausforderungen und Aufgaben, wie etwa die örtliche Raumplanung, Ortsbildgestaltung und Umweltschutz. Viele Jahre dauerte der Kampf um die Verankerung von Gemeinde- und Städtebund als gesetzliche Interessenvertretungen. Widerstand kam von einigen Bundesländern, aber auch von namhaften Verfassungsrechtlern, die den Vereinscharakter der kommunalen Verbände ins Treffen führten. Dennoch schlug am 29. November 1988 eine „Sternstunde“: Der Nationalrat beschloss eine Novelle zur Bundesverfassung mit dem entscheidenden Passus im Artikel 115: „Der Österreichische Gemeindebund und der Österreichische Städtebund sind berufen, die Interessen der Gemeinden zu vertreten.“ Damit hatten Österreichs Gemeinden und ihre Interessenvertretung eine rechtliche Stellung erkämpft, die europa- und weltweit als einzigartig und vorbildlich angesehen wurde und wird.



Am 10.Dezember 1996 unterzeichneten Bundesregierung, Länder und kommunale Interessenvertreter den Vertrag über die Einrichtung des Konsultationsmechanismus. Er soll verhindern, dass eine Gebietskörperschaft einer anderen durch legistische Maßnahmen gegen deren Willen zusätzliche Kosten aufbürdet. Unabhängig vom europäischen Aspekt hatten die Gemeinden aufgrund vieler leidvoller Erfahrungen mit dem „grauen Finanzausgleich“ schon lange ein solches Instrument gefordert.



„Chronik eines Erfolges“ lautete 1997 der Titel der Festschrift zum 50-jährigen Bestehen des Gemeindebundes. Der Titel passt immer noch. Geschlossenheit über parteipolitisches Denken und regionale Interessengegensätze hinweg, Engagement, Zähigkeit und Innovationsbereitschaft haben Fortschritte ermöglicht, von denen die Pioniere vor sechs Jahrzehnten nicht einmal zu träumen gewagt hätten. Unverändert geblieben aber ist der Grundsatz: Arbeit für die Gemeinden, für die bürgernächste Gebietskörperschaft, das ist Arbeit für alle Österreicherinnen und Österreicher. Jeder Staatsbürger ist zunächst einmal Gemeindebürger. Und ohne starke und selbstbewusste Gemeinden kann es auch keine starken Bundesländer und keine starke Republik geben.

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