Johannes Pressl im Gespräch mit KOMMUNAL-Chefredakteur Hans Braun.
„Zwischen sinkenden Einnahmen und steigenden Ausgaben geht eine massive Schere auf.“ Johannes Pressl im Gespräch mit KOMMUNAL-Chefredakteur Hans Braun.

„Als Politiker bist du für die Menschen da, sonst bist du kein Politiker“

Seit 26. Februar ist Johannes „Hannes“ Pressl neuer Präsident des Österreichischen Gemeindebundes. Im KOMMUNAL-Interview mit Hans Braun spricht er über das Riesenbündel an Aufgaben, die vor den Gemeinden stehen, über den Generationenwechsel an der Spitze und was es bedeutet, Politiker zu sein.

Herr Präsident, Sie übernehmen den Gemeindebund in herausfordernden Zeiten. Generell ist das Image des Gemeindebundes etwas angeknackst. Wie wollen Sie das Bild wieder zurechtrücken?

Johannes Pressl: Also ganz wichtig ist mir zu betonen, dass der Gemeindebund die ganze Zeit über voll handlungsfähig war. Ich bin in letzter Zeit bei unseren Landesverbänden in den Bundesländern viel unterwegs gewesen. Und natürlich wurde darüber diskutiert, wie wir uns wollen in diesen durchaus sehr herausfordernden Zeiten jetzt aufstellen. Grosso modo liegt eine enorme Fülle an brennenden Themen für die Gemeinden vor uns, die wir angehen müssen. Dafür zu arbeiten, dass es gute Rahmenbedingungen für eine gute Arbeit der Gemeinden in unserem Land gibt, dafür sind wir als Gemeindebund da.

Der schon länger geforderte Generationenwechsel an der Spitze ist jetzt eingetreten. Die Probleme der Gemeinden sind aber mehr oder weniger die alten geblieben. Hat man als jüngerer Politiker andere Werkzeuge zur Hand, um Abhilfe zu schaffen?

Man hat in der Politik immer ähnliche Werkzeuge. Man braucht eine politische Vision und klare Ziele; Sehr viel Kommunikation ist erforderlich - miteinander reden und auch so manches ausdiskutieren. Und ob man jetzt schon reiferen Alters ist oder jünger, es ist immer das gleiche.

Was natürlich bei Jüngeren der Fall ist: Man geht manches anders an, vielleicht erfrischend anders. Das kann völlig neue Lösungen ermöglichen, an die man zuerst gar nicht gedacht hat. Und das ist auch mein Zugang, es durchaus mal erfrischend anzugehen.

Sie gelten als sehr digitalisierungsaffin. Was braucht es, um Gemeinden besser auf die Digitalisierung vorzubereiten?

Wir brauchen zunächst einmal die schnellen Netze, das ist Glasfaser, das ist 5G. Wenn wir diese Anbindungen nicht haben, dann funktioniert Digitalisierung schlichtweg nicht.

Das Zweite ist, dass wir auch ein anderes Mindset brauchen. Wir haben leider sehr oft die Haltung, dass wir uns am liebsten mit diesen neuen Themen gar nicht beschäftigen wollen.

Die Digitalisierung ist für viele eine Blackbox. Ich glaube, wir müssen in diese „Blackbox“ neugierig hineinschauen. Dann wird das, was Digitalisierung alles ermöglicht, auf einmal spannend. Das ist eine spannende Entdeckungsreise. Und diese Haltung müssen wir erzeugen.

Ein Drittes: Ich nehme immer wieder wahr, dass die Welt der Technik, der Menschen, die „Digitalisierung können“, so gar nicht mit der Welt der Gemeinden, der Verwaltungen, des Bürgerservice oder der Gemeinderäte kommuniziert. Wir brauchen also „Übersetzer“. Wir brauchen diejenigen, die die Schnittstellen-Manager sind, die die technischen Möglichkeiten auch so bauen können, dass sie dann in der Verwaltung helfen.

Und ein Viertes ist das Thema der Daten. Bei all diesen KI-Anwendungen sehen wir, dass künstliche Intelligenz nur so gut ist, so gut man sie auch mit Daten füttert. Wenn sie mit schlechten Datengrundlagen arbeitet, dann wird sie auch nicht hilfreich sein. Es liegt in der Hand der Gemeinden, dass die Datengrundlage richtig und gut sind. Bürgerbezogene Daten, Liegenschaftsdaten, Smart Cities-Daten – wir messen, wiegen und überwachen jetzt schon viele technische Anlagen in unseren Gemeinden. Wenn diese Datengrundlagen gut sind, wenn sie bei uns sicher verwahrt sind und verantwortungsvoll bzw. DSGVO-konform genutzt werden, dann werden sie auch die Grundlage für KI-Anwendungen bieten können, die mit Nutzen für die Bürger eingesetzt werden können.

Wer sollen diese Übersetzer sein? Wie kann man sich das vorstellen?

Wir müssen Kooperationen schaffen, zwischen IT-Unternehmen, die ja schon mit viel Erfahrung erfolgreich auf dem Markt tätig sind, und uns in den Gemeinden. Diese Kommunikation untereinander muss besser werden. Die Fragen „Was brauchen wir für eine noch bessere Verwaltung?“ und „Welche Prozesse laufen in einer Gemeinde ab?“ müssen wir uns gemeinsam stellen. Wir haben schon sehr gute Partnerschaften, aber ich glaube, da ist noch einiges mehr drin.

Sind die Gemeinden auf diese Veränderungen vorbereitet?

Gemeindeaufgabe ist grundsätzlich Verwaltung. Das ist die Organisation des Zusammenlebens der Bürger und das soll natürlich möglichst effizient funktionieren. Bis vor gar nicht allzu langer Zeit haben wir das mit viel Papier erledigt, in Zukunft machen wir das wohl noch mehr digital. Dabei sind digitale Techniken – ähnlich wie Bleistift und Papier – einfach nur Werkzeuge. Und den Umfang mit neuen Werkzeugen kann man erlernen, das haben wir noch immer gelernt, wenn etwas Neues dazu gekommen ist. Und so sehe ich es auch jetzt.

Sie sind auch auf Social Media sehr aktiv. Braucht es das heute, um als Politiker gehört zu werden?

Ich glaube ja. Social Media ist nicht einfach nur ein weiteres Medium neben Zeitungen, Teletext oder Newslettern. Social Media gehört zu einer heutigen Lebensrealität vieler Menschen dazu, die sich deutlich verändert hat.

Wenn ich an meine politischen Anfänge denke, dann hat man sich am Kirchenplatz, im Wirtshaus getroffen, und mit den Menschen gesprochen, hat Neues erfahren und ist dort in Diskussion gekommen. Heute sind diese sozialen Medien für viele ein Teil ihres Alltagslebens geworden.

Ich glaube, wir müssen bei sozialen Medien nur zwei Dinge ganz besonders beachten: Erstens: Soziale Medien haben eine gewisse Verführungslogik in sich und werden sehr schnell zu Selbstdarstellungsmedien. Selbstdarstellung ist aber nicht der richtige Politikzugang.

Und zweitens: Es ist in der Politik unsere Aufgabe zu gestalten, zu organisieren, zu informieren. Genau dafür sollten wir die sozialen Medien nutzen. Das ist auch mein persönlicher Anspruch, dass wir informieren, dass wir organisieren, dass wir den Menschen mit sozialen Medien einen Mehrwert bieten.

Was sind Ihre Schwerpunkte im Gemeindebund für 2024? Wo ist zuallererst Handlungsbedarf?

Da gibt es eine ganz breite Themenpalette. Das Allerwesentlichste sind die Finanzen. Wir sind in einer Übergangssituation, die FAG-Mittel fließen noch nicht, die Teuerung hingegen hat in allen Bereichen der Gemeinden voll zugeschlagen. Ich erwähne nur das Stichwort Lohnsteigerungen: Zwischen sinkenden Einnahmen und steigenden Ausgaben geht eine massive Schere auf.

Weiters stehen wir vor der Umsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes, die Amtsverschwiegenheit wird abgeschafft. Hier geht es darum, einen proaktiven Weg der Informationsweitergabe für die Gemeindebürgerinnen und -bürger zu finden, der gleichzeitig die Verwaltungen nicht überfordert.

Ich habe das Thema Digitalisierung und Glasfaserausbau schon angesprochen. Für schnelle Netze müssen wir richtig Treibstoff nachlegen und auch die Ausbaupartner fördern, die die Leitungen letztlich graben.

Wir kommen bei kleineren Infrastrukturen im ländlichen Raum mittlerweile enorm unter Druck. Ich meine Nahversorgung, Bargeldversorgung, ärztliche Versorgung. Da werden den Gemeinden immer mehr Aufgaben angelastet. Wir brauchen diese Dienste für unsere Gemeinden, aber die Finanzierung muss woanders herkommen.

Thema Eisenbahn und Eisenbahnkreuzungsverordnung: Das ist noch immer nicht abgeschlossen, und es wird enormer Druck auf uns ausgeübt, dass wir die Bahnhöfe barrierefrei machen oder auch noch öffentliche WC-Anlagen in den Haltestellen bauen. Auch das ist nicht unsere Aufgabe und deswegen gibt es mit der ÖBB weiter einiges zu diskutieren.

Ein Riesenthema für uns sind auch Grund und Boden. Wir reden gefühlt schon eine Ewigkeit über eine Bodenstrategie und wir wollen auch handeln. Aber dazu brauchen wir einen Werkzeugkoffer, gepaart mit viel Kreativität statt einem unflexiblen Regulativ, das an der Realität vorbeigeht.

Wir stehen aus meiner Sicht erst am Anfang einer Mobilitätswende, und am Anfang der Energiewende. Das braucht starke Netze oder noch mehr erneuerbaren Strom von unseren Dächern.

Für den Green Deal gilt es „erträgliche“ und umsetzbare nationale Regelungen zu finden.

Und schließlich noch das Image der Lokalpolitik. Wir müssen das, was die Kommunalpolitikerinnen und -politiker tagtäglich leisten, positiv vor den Vorhang stellen. Natürlich sind wir immer Problemlöser, daher identifiziert man uns auch sehr stark mit Problemen. Wichtig ist mir, dass nicht das Problem im Vordergrund steht, sondern die Lösungskompetenz der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und die von 40.000 Gemeinderätinnen und Gemeinderäten. Dieses Image des Gestaltens weiterzuentwickeln, ist mir persönlich ganz wichtig.

Wahl von Hannes Pressl
Am 26. Februar 2024 wurde Johannes Pressl vom im Palais Niederösterreich tagenden Bundesvorstand des Österreichischen Gemeindebundes zum neuen Präsidenten gewählt. Foto: Marschik

Anfang Februar sind Prognosen zu einem befürchteten Pflegenotstand publik geworden. Es fehlen offenbar 200.000 Personen. Die Gemeinden stehen bei dem Thema an vorderster Front. Was kann man noch mehr machen als sowieso schon passiert?

Fakt ist, dass wir derzeit 120.000 Pflegekräfte haben. Und die besagte Studie sagte, 2050 werden wir 190.000 brauchen, also das Delta sind 70.000.

Aber die Frage steht für zwei Antworten. Die erste ist, dass wir faktenorientiert arbeiten müssen. Das, was in den Medien kolportiert wurde, löst bei den Menschen Ängste und Sorgen aus.

Unser Job ist, Fakten anzuschauen, Studien zu erstellen und Prognosen zu berechnen – und auf Basis dieser zu handeln. Da bin ich sehr zuversichtlich. Denn wir haben die Erfahrung gemacht, dass Einzelmaßnahmen, die die Bundesländer setzen, um Pflegekräfte zu bekommen, zu wirken beginnen. Oberösterreich sagt uns zum Beispiel, dass die Bildungsoffensive auch im Pflegebereich schon zu greifen beginnt.

Wir müssen aber die Anstrengungen, um im Pflege- und Altenbetreuungsbereich Reformen und Weiterentwicklungen voranzubringen noch verstärken. Aus meiner Sicht ist die Entwicklung von niederschwelligen Angeboten besonders wichtig:

Je länger wir Menschen in der häuslichen Pflege behalten können, je besser wir über Tagesbetreuung, betreute Wohnformen oder auch gemeinschaftliche Aktivitäten im Ort Menschen unterstützen können, umso länger werden wir die Phase, für die man dann in ein Pflegeheim geht, hinauszögern können. Das ist einerseits für die betroffenen Menschen gut, Stichwort „Altern in Würde“, andererseits entlastet es das System auch finanziell. Damit werden wir es schaffen, den erhöhten Pflegebedarf organisatorisch als auch finanziell bis 2050 umzusetzen.

Das Gesundheitsthema mit dem Mangel an Allgemeinmedizinern am Land wird ebenfalls schon seit längerem heftig diskutiert. Da sind Gemeinden wieder in einer Zwickmühle: Einerseits haben sie kaum Kompetenzen im Gesundheitsbereich, andererseits müssen sie oft genug Mediziner mit Bereitstellung von Räumlichkeiten, günstigem Wohnen und so weiter „ködern, um die medizinische Versorgung am Land aufrechterhalten zu können. Was kommt auf die Gemeinden bei diesem Thema noch zu?

Ja, die wir sind bei der Landarztthematik, bei der Bargeldversorgung, bei der Nahversorgung, bei der Glasfaser, bei Apotheken in einer Zwickmühle. Diese entsteht deswegen, weil wir unsere Gemeinden mit all diesen Infrastrukturen bestens versorgen wollen. Aber die bisherigen Partner wie Post, A1 Telekom oder auch Nahversorger und Landärzte sind oft nicht mehr wirtschaftlich und wandern deshalb ab.

Ich will vermeiden, dass ländliche Gemeinden dann unter Druck gesetzt werden und für die Verluste einspringen müssen oder Geschenke machen müssen, während die gleichen Unternehmungen anderswo hohe Gewinne schreiben. Und deswegen wird es auch meine Aufgabe sein, mit den Systemträgern, beispielsweise der Gebietskrankenkasse und auch der Ärztekammer bei der Landarztthematik klare Regeln aufzustellen. Oder gemeinsam auch Reformen, die die Versorgung sicherstellen, auf den Weg zu bringen.

Aber da muss man auch mit uns reden. Nichts zu tun, und uns sehenden Auges in eine Konkurrenzsituation zwischen den Gemeinden hineinlaufen zu lassen oder uns in eine Zwickmühle zu bringen, ist nicht in Ordnung. Deshalb werden wir die Träger dieser Systeme auch bei der Versorgungsverantwortung nehmen.

Sie haben es vorher schon kurz angesprochen: Sehnlichst erwartet wird das kommunale Investitionsprogramm, um den Gemeinden eine Überbrückungshilfe für 2024 zu geben. Ist da alles auf Schiene?

Wir haben den FAG ja erst im Herbst ausverhandelt, der muss jetzt einmal in die Umsetzung kommen. Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch kein einziger Cent über FAG-Mittel in die Gemeinden geflossen. In einigen Bundesländern sind die Zukunftsfondsmittel auch noch in keine klaren förderalen Rahmenbedingungen gegossen.

Gleichzeitig geht die Schere zwischen höheren Kosten und geringeren Einnahmen massiv auf. Weil zum Beispiel die Umlagen in allen Bundesländern massiv steigen.

Deswegen brauchen wir ein weiteres Unterstützungspaket, ein Übergangspaket, um für die Gemeinden die finanzielle Lücke zu schließen.

Und wir brauchen zu hundert Prozent Eigenmittel. Darüber müssen wir mit der Bundesregierung reden.

Was kann sich denn beispielsweise die Bauwirtschaft 2024 noch erhoffen? Derzeit ist ja die Stütze der Bauwirtschaft, weil der Hochbau stark auslässt. Bauen ist generell ein Thema.

Wir investieren als Gemeinden rund 3,5 Milliarden Euro. Aber wenn Gemeinden den laufenden Haushalt nicht ausgleichen können, dann können sie auch nicht investieren. Wir brauchen ein finanzielles Überbrückungspaket. Dann wird man auch wieder über Bauaufträge reden können.

Die steigenden Zinsen und die hohen Preise haben zu einem starken Rückgang der Wohnbau-Projekte geführt. Aktuell prognostizieren die Experten eine Wohnungsnot, die uns treffen wird. Erforderlich sind mindestens 50.000 Fertigstellung. Merken Sie bereits jetzt einen Rückgang der Baubewilligung?

Die Baubewilligungen sind zurückgegangen. Im Einfamilienhaus-Bereich merkt man das sehr deutlich. Zwei Dinge sind für uns jetzt wichtig: Das erste sind die Wohnbauförderungsmittel, die müssen tatsächlich in den Wohnbau fließen.

Und das Zweite ist, dass wir aus der Leerstandsnot eine Tugend machen sollten: Ich stelle mir ein Wohnbauförderungsmodell vor, das Erben oder Käufer eines Bestandshauses bei Umbau und Sanierung kräftig unterstützt.

Bei einem Umbau von beispielsweise 400.000 Euro könnte das ein Direktzuschuss von 50.000 bis 70.000 Euro sein.

Wenn wir uns eine Heizkesseltausch-Förderung von 15.000 bis 25.000 Euro leisten können, dann wird es uns das wohl auch wert sein, aus leerstehenden oder bald leer fallenden Einfamilienhäusern wieder zukunftsfitte Wohnungen für Junge zu schaffen.

Ich stehe zum Eigentum. So könnten wir eine Mobilisierung von Bestandimmobilien schaffen und gleichzeitig jungen Menschen wieder leistbares Eigentum ermöglichen.

Die Wohnbauförderung galt lange Zeit als Stütze der österreichischen Wohnbaufinanzierung. Die Förderausgaben sind aber seit Jahren stark rückläufig. Welche Maßnahmen werden denn die Kommunen setzen, um eine drohende Wohnungsnot abzuwenden? Wird es eine Förderung seitens der Gemeinden geben?

Wir werden nichts zusätzlich investieren können. Wir werden aber fordern, dass Wohnbauförderungsmittel des Bundes und der Länder auch tatsächlich in den Wohnbau fließen. Und wir müssen uns das Thema der Immobilienspekulation anschauen: Wenn Betongold nach wie vor eine der besten Anlageformen ist, wo über Immobilienfonds viele Menschen versuchen und versucht haben, ihr Geld zu vermehren, dann treibt genau das die Immobilienpreise in die Höhe.

In Ortszentrumslagen, teilweise auch in touristischen Orten, entspricht das schon lange nicht mehr der örtlichen Realität. Es kann nicht sein, dass wir wegen dieser Entwicklungen in manchen Orten gar keinen Wohnraum für die eigenen Bürger mehr schaffen können.

Das zweite, das mir noch wichtig ist: Wir haben in den letzten Jahren – und da bin ich froh darüber – einen einheitlichen Baustandard, also Normen, für ganz Österreich geschaffen. Allerdings wird immer dann, wenn es um Kompromisse geht, der scheinbar höhere Wert, die höhere Richtlinie, als Kompromiss herangezogen. Und wenn ich Normen habe, die auf einem sehr hohen Niveau sind, dann brauche wir uns nicht wundern, dass das Bauen teurer geworden ist.

Ich glaube, dass wir noch einmal diese Standards hinterfragen müssen und uns auch trauen müssen, von einem sehr hohen Niveau einige Schritte zurückzugehen. Und dann ist mir noch eines wichtig. Wenn man schon in einer Entwicklungs- und Veränderungsphase ist, dass wir uns mit den gemeinnützigen Wohnbauträgern noch einmal an einen Tisch setzen und schauen, was nötig ist, dass günstiger gebaut werden kann.

Das sind nicht nur Richtlinien, sondern das sind möglicherweise auch andere Regulierungen, die helfen können wie die Grundstücksaufbringung, die ja durchaus teilweise in der Hand der Gemeinden ist, wo wir mit gezielten Widmungen, Nachwidmungen, Erhöhungen zum Beispiel der Bauklasse, unterstützend tätig sein können. Aber da muss man ins Gespräch kommen, und das sind auch die Mittel und Wege, wo wir im eigenen Interesse für die Menschen in unseren Orten auch helfen können.

Das Thema gerechtes Wohnen oder leistbares Wohnen gewinnt auch Wahlen, wie man bei Elke Kahr in Graz, die kürzlich zu Welt-Bürgermeisterin gewählt worden ist, gesehen hat. Und beim Wahlkampf in Salzburg scheint es so, als ob der KPÖ-Kandidat auch auf dieser Welle schwimmt. Leistbares Wohnen ist ein Thema.

Zu aktuellen Wahlen werde jetzt keine Aussagen tätigen, bitte um Verständnis dafür.

Nur, eines müssen wir uns immer ins Stammbuch schreiben. Es gibt die „Maslowsche Bedürfnispyramide“. Das ist jene Pyramide, wo ganz unten an der Basis die Grundbedürfnisse des Lebens stehen. Das fängt beim Essen an und so weiter. Da gehört auch leistbares Wohnen dazu, weil das eine Grundlage des Lebens ist.

Was ist unsere Herausforderung als Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und Gemeindevertreter? Ständig an der Erfüllung der Grundbedürfnisse der Menschen zu arbeiten. Das gilt auch beim Thema Wohnen. So wie bei vielen anderen Dingen, die die Menschen letztlich brauchen, um gut leben zu können in unseren Gemeinden. Wer das politisch nicht macht, der ist auch kein Politiker.