Schublade für Karteikarten sind offen
Entweder ist die Auflage der Wählerverzeichnisse ein historisches Relikt aus der Zeit, als die Wählerevidenzen noch händisch erstellt wurden und es auch noch möglich war, mehrere Hauptwohnsitze zu haben, oder die Gesetzgeber gehen davon aus, dass bei der Erstellung der Wählerevidenzen Fehler passieren können. Foto: Shutterstock

Sind analoge Wählerverzeichnisse noch sinnvoll?

Wieder einmal steht eine Wahl vor einer Anfechtung: Der Grund ist das Wählerverzeichnis. Wie zuletzt den Medien zu entnehmen war, überlegen die Grünen in Niederösterreich, die Landtagswahlen beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Begründet offenbar damit, da wegen einer landesgesetzlich geregelten Neuerfassung der Zweit-wohnsitzer – diese sind bei Vorliegen bestimmter Voraus-setzungen in Niederösterreich und im Burgenland wahl-berechtigt – Personen aus der Wählerevidenz gestrichen wurden. Diese Personen haben sich naturgemäß dann auch nicht mehr im Wählerverzeichnis befunden und waren daher auch nicht mehr wahlberechtigt.

Wie "Profil" in seiner Ausgabe Nr. 8/2018 berichtet, ist es aber auch vorgekommen, dass eine Person mit Hauptwohnsitz nicht ins Wählerverzeichnis aufgenommen wurde und ihr damit auch das Wahlrecht entzogen wurde.

Wie kann das passieren?



Nun, sämtliche Gesetze für Bundes-, Landes-, oder Gemeindewahlen sehen vor, dass die Gemeinden sogenannte Wählerevidenzen, basierend auf dem zentralen Melderegister, zu führen haben. Für die Bundeswahlen wurde ab dem Jahr 2018 ein zentrales Wählerregister geschaffen. Länder und Gemeinden können für Landes- oder Gemeindewahlen vorsehen, dass auch auf dieses zentrale Wählerregister zurückgegriffen wird.



Für die niederösterreichische Landtagswahl im Jänner 2018 wurde dieses zentrale Wählerregister noch nicht angewandt, da die Ausschreibung der Wahl schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt ist. Da es überdies noch technische Anlaufschwierigkeiten gibt, wäre dies auch nicht ratsam gewesen.



Sämtliche Wahlvorschriften sehen in weiterer Folge vor, dass zu einem bestimmten Stichtag, der in der Wahlausschreibung enthalten ist, sämtliche in der Wählerevidenz enthaltenen wahlberechtigten Personen in ein Wählerverzeichnis übertragen werden. Dieses Wählerverzeichnis bildet die Grundlage für das Wahlrecht. Nur Personen die im Wählerverzeichnis aufgenommen wurden, sind wahlberechtigt.



Die Wählerverzeichnisse sind öffentlich – zumindest an zehn Werktagen – unter bestimmten Voraussetzungen eine Woche –, zur öffentlichen Einsicht (Bestimmungen nach der Nationalratswahlordnung) aufzulegen. Die Auflegung des Wählerverzeichnisses ist vor Beginn des Einsichtszeitraumes ortsüblich kundzumachen. Die Einsichtsfristen dürfen nicht unter vier Stunden bemessen sein und es ist darauf Bedacht zu nehmen, dass auch außerhalb der normalen Arbeitszeiten die Einsichtnahme ermöglicht wird. Jedermann kann in dieses Wählerverzeichnis Einsicht nehmen. Berichtigungen - Streichungen oder Neuaufnahmen – dürfen nur mehr in einem Berichtigungsverfahren durchgeführt werden.

Unnötige Überstunden am Samstag



Der Gemeindebund hat schon seit Jahren eine Änderung bei der Auflage der Wählerverzeichnisse gefordert. Zwar wurde nunmehr der Sonntag für die Möglichkeit der Einsichtnahme gestrichen, jedoch müssen auch noch am Samstag (bei Bundeswahlen) Möglichkeiten zur Einsichtnahme eröffnet werden.



Nach Meinung der Gemeinden resultieren daraus unnötige Überstunden, die von Gemeindebediensteten erbracht werden müssen, wird doch von der Möglichkeit zur Einsichtnahme kaum Gebrauch gemacht.



Eine Befragung bei den Gemeinden hat ergeben, dass bei teilnehmenden 1257 Gemeinden in 91 Prozent der Gemeinden überhaupt keine Einsichtnahme erfolgt ist. Nur in neun Prozent der Gemeinden erfolgte die Einsichtnahme und davon bei 89 Prozent nur von einer bis fünf Personen.



Entweder ist die Auflage der Wählerverzeichnisse ein historisches Relikt aus der Zeit, als die Wählerevidenzen noch händisch erstellt wurden und es auch noch möglich war, mehrere Hauptwohnsitze zu haben, oder die Gesetzgeber gehen davon aus, dass bei der Erstellung der Wählerevidenzen und der Übertragung von Wählerevidenzen in Wählerverzeichnisse Fehler passieren können. Ansonsten wären die Auflagen der Wählerverzeichnisse sinnlos.

Verständigungskarten sind nicht sinnvoll



Wenn aber Fehler zwar nicht passieren sollen, aber passieren können (umso unangenehmer bei einem Hauptwohnsitzer) und speziell in Niederösterreich bekannt war, dass das Wahlrecht von Zweitwohnsitzern neu überprüft wurde, erscheint es schon zumutbar, dass die Bürger durch Einsichtnahme ins Wählerverzeichnis ihr Wahlrecht überprüfen, wie die Ermittlungsverfahren ausgegangen sind und ob sie nun wahlberechtigt sind oder nicht.



Auch der Vorschlag im Profil die Bürger/innen zu verständigen bringt nichts, da auch die von den meisten Gemeinden ausgestellten Verständigungskarten über die Möglichkeiten der Ausübung des Wahlrechtes nur den im Wählerverzeichnis eingetragenen Personen zugestellt werden.

Die Auflage des Wählerverzeichnisses hat daher genau den Sinn, zu überprüfen, ob die Übertragung der Wählerevidenz in das Wählerverzeichnis korrekt erfüllt wurde.



Ob die Auflage auch an Samstagen erfolgen muss, kann allerdings bezweifelt werden. Eine Reduktion auf fünf Werktage wie in der Niederösterreichischen Landtagswahlordnung wäre wohl ausreichend. Vielmehr sollten aber neue Möglichkeiten der Einsichtnahme wie per Internet geschaffen werden, wie das der Gemeindebund schon mehrmals vorgeschlagen hat: Im

Interesse der Bürgerinnen, der Bürger  und der Effizienz.