Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Der Gemeindefinanzbericht zeigt auf, dass die Gemeinden mit Hausverstand wirtschaften.
Foto: Shutterstock/fotoknips

Der Gemeindefinanzbericht 2017

15. Dezember 2017
Die Gemeinden haben auch 2016 ihre Ziele erreicht und einen Maastricht-Überschuss von 31 Millionen Euro geschafft. Diese und noch viele weitere Fakten zu den Gemeindebudgets wurden im Gemeindefinanzbericht veröffentlicht.

Gemeindefinanzbericht 2017 legen die heimischen Gemeinden ihre kumulierten Finanzdaten offen. Der Bericht basiert auf den Rechnungsabschlüssen des Jahres 2016, die lückenlos von allen Gemeinden ausgewertet wurden und nun vorliegen.



„Zum sechsten Mal in Folge haben die Gemeinden ihre Haushaltsziele erreicht und mit einem Plus von 31 Millionen Euro das Maastricht-Ziel geschafft. Das haben Bund und Länder nicht zusammengebracht“, sagt Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl. „In der laufenden Gebarung liegt der Überschuss sogar bei 1,716 Milliarden Euro, das ist der zweithöchste Wert seit dem Jahr 2000“, so Riedl.

Investitionen gestiegen, Schuldenstand reduziert



Das Ergebnis sei in doppelter Hinsicht bemerkenswert, da die Investitionen gestiegen und gleichzeitig der Schuldenstand real reduziert wurde, erklärt Riedl. „Wir machen Management mit Hausverstand. Dauerhaft kann niemand mehr ausgeben, als er einnimmt. Solidarisch unterstützen die Gemeinden in Gunstlagen jene in strukturschwachen Regionen über die Bedarfszuweisungsmittel.“



Der vorliegende Gemeindefinanzbericht verdeutlicht auch, dass „die österreichischen Gemeinden das sechste Jahr in Folge diszipliniert gewirtschaftet haben und eine beachtliche Stabilität zeigen“, so Alois Steinbichler, Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit, bei der Präsentation der Zahlen. „Sie haben sich damit eine gute Basis geschaffen, um für die künftigen Herausforderungen insbesondere im Bereich der Bildung wie beispielsweise der Ganztagsbetreuung gerüstet zu sein.“

„Können nicht jede Leistung kostenfrei erbringen“



Dieses gute Ergebnis sei nur durch einen rigiden Budgetkurs möglich gewesen, hält Riedl fest. „Die Abrechnung für das heurige Kalenderjahr wird hart werden, da sich die Ertragsanteile nur mäßig entwickelt haben. Generell ist auch gegenüber der Bundespolitik eine Klarstellung wichtig. Ja, die Gemeinden sind Dienstleister am Bürger. Wir können vieles bereitstellen und vieles leisten. Aber wir können nicht jede Leistung kostenfrei erbringen. Das gilt für die Kinderbetreuung ebenso wie für die Pflege oder die Altenbetreuung.“



Die Anstiegsdynamik der Sozialausgaben der Gemeinden (Sozialhilfe, Ausgaben für Pflege und Seniorenbetreuung) hat sich im Jahr 2016 verlangsamt. Jedoch sind mit einem Anstieg von +136,6 Prozent bzw. 1,05 Milliarden Euro die jährlichen Ausgaben für Soziale Wohlfahrt die am stärksten steigenden Nettoausgaben der Gemeinden seit dem Jahr 2000. Zum Vergleich: Die Inflation betrug im selben Zeitraum 31,6 Prozent. Die Nettoausgaben für Gesundheit liegen mit einem Anstieg seit dem Jahr 2000 von 100,5 Prozent bzw. 618,4 Millionen Euro auf Platz zwei.



Im Zuge der Verhandlungen zum FAG 2017 wurden Kostendämpfungspfade für Gesundheit und Pflege vereinbart. Ein Kostendämpfungspfad begrenzt die Steigerungen der Ausgaben für Pflege auf 4,6 Prozent pro Jahr. Der Kostendämpfungspfad in der Gesundheit wird fortgeführt. Die zulässigen Steigerungsraten werden schrittweise von 3,6 Prozent im Jahr 2017 auf 3,2 Prozent im Jahr 2021 verringert.

Investitionen nur leicht gestiegen



Im Vergleich zum Jahr 2015 sind die Investitionen der Gemeinden 2016 erneut leicht angestiegen. Eine Tatsache, die auch Professor Bernhard Felderer vom Fiskalrat äußert positiv registrierte.



Um 33,9 Millionen Euro haben die Kommunen mehr investiert, das entspricht einer Steigerung von 1,6 Prozent. Das Gesamtvolumen kommunaler Investitionen liegt nun zum dritten Mal seit 2009 wieder über zwei Milliarden Euro, nämlich bei 2,185 Milliarden Euro.



„Die große Steigerung von 2011 auf 2014 ist natürlich vorbei“, sagt Riedl. „Das waren Jahre, in denen viele davor zurückgestellte Investitionen gemacht wurden, jetzt stabilisieren sich die Gemeinden auf diesem Niveau“, so Riedl.

Gemeinden überweisen Ländern 1,5 Milliarden Euro



Höchst nachteilig für die Gemeinden entwickelt sich die weiter aufgehende Schere zwischen Transfereinnahmen und Transferzahlungen. Darunter versteht man im Wesentlichen jene Finanzströme, die zwischen Bund, Ländern und Gemeinden abseits des Finanzausgleichs notwendig sind. In den letzten Jahren steigen die Beträge, die die Gemeinden an Bund und Länder überweisen müssen deutlich stärker an, als umgekehrt. Die Differenz liegt inzwischen bei mehr als 1,575 Milliarden Euro zu Lasten der Gemeinden.



Die Transferausgaben der Gemeinden ohne Wien – sowohl die laufenden Transfers als auch die Kapitaltransfers an andere Gebietskörperschaften – betrugen im Jahr 2016 3,82 Milliarden Euro (2015: 3,69 Milliarden) und übertrafen die Transfereinnahmen von 2,24 Milliarden Euro (2015: 2,24 Milliarden) um 1,58 Milliarden. Somit hat sich die Schere zwischen Transfereinnahmen und Transferausgaben weiter geöffnet. Das heißt, das Defizit aus Transferzahlungen stieg um weitere 122,3 Millionen Euro bzw. +8,4 Prozent.

Schuldenstand verringert



Seit 2011 sinkt der Schuldenstand der Gemeinden. Dieser Trend setzte sich auch im Jahr 2016 fort. Die Finanzschuld der Gemeinden sank 2016 um weitere 118,3 Millionen oder 1,1 Prozent auf 11,14 Milliarden Euro (2015: 11,25 Milliarden). Damit verringerte sich der Schuldenstand der Gemeinden in den letzten sechs Jahren um 547 Millionen Euro.



Diese Entwicklung ist vor allem auf die Haushaltskonsolidierung zurückzuführen. Weitere beeinflussende Faktoren waren das niedrige Investitionsniveau der Jahre 2011 und 2012 verbunden mit dem Grundsatz, dass die Aufnahme von neuen Schulden nur in Zusammenhang mit Neuinvestitionen erfolgte.



Weiters ist hervorzuheben, dass der Schuldenabbau der Gemeinden laufend erfolgen muss und Schuldentilgungen durch laufende Einnahmen gedeckt sein müssen.



Die Maastricht-Schulden der Gemeinden gemäß VRV 1997 mit 4.183 Millionen Euro (Kernhaushalt) entsprechen nicht den tatsächlichen Maastricht-Schulden der Kommunen. Die Maastricht-Schulden der Gemeinden (gemäß ESVG 2010) ergeben sich nach Einbeziehung der Schulden der ausgegliederten Gesellschaften der Gemeinden sowie der Schulden der Gemeindefonds und Gemeindeverbände, Gemeinde-Krankenanstalten und Gemeindespitäler durch die Statistik Austria und lagen 2016 mit 7.570 Millionen Euro um 1,3 Prozent über dem Vorjahreswert.



Da sich die gesamten Maastricht-Schulden gemäß ESVG 2010 nur um 94 Millionen Euro erhöht haben (bei gleichzeitiger Erhöhung der Maastricht-Schulden im Kernhaushalt der Gemeinden gemäß VRV 1997 um 166,1 Millionen Euro), lässt sich ableiten, dass die Schulden der ausgegliederten Gesellschaften der Gemeinden gesunken sind.

Haftungen wurden reduziert



Schon zwei Jahre in Folge sind die Gemeindehaftungen deutlich gesunken, von 6,18 Milliarden Euro um 184,8 Millionen bzw. drei Prozent auf 5,99 Milliarden Euro.



Ein Grund dafür ist die Reduktion der Investitionen in den ausgegliederten Gesellschaften (aufgrund des Wegfalls des Vorsteuerabzugs für Investitionen). In allen Bundesländern mit Ausnahme der Steiermark wurden die Haftungen reduziert.



Bei den ausgewiesenen Werten handelt es sich um Nominalbeträge der Haftungen, ein Rückschluss auf das tatsächliche Risiko der jeweiligen Haftung auf das Gemeindebudget ist nicht ableitbar.



Der Großteil der Gemeindehaftungen besteht in der Regel gegenüber Gemeindeverbänden und ausgegliederten Betrieben und dient vor allem dazu, die Hinterlegungspflicht für in Anspruch genommene Darlehen bei den kreditgewährenden Instituten zu vermeiden und dadurch bessere Darlehenskonditionen zu erzielen. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die (auf Basis des ESVG 2010 nunmehr dem Sektor Staat zugeordneten) Schulden der ausgegliederten Gemeindegesellschaften durch die genannten Haftungen der Gemeinden besichert sind.



Präsentiert wurde der Gemeindefinanzbericht von Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger, Kommunalkredit-Chef Alois Steinbichler und Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.

„Wer bestellt, muss auch zahlen“



Trotz dieses generell positiven Resümees bereiten einige große Felder dem Gemeindebund-Chef Sorgen. Dazu gehören die Kinderbetreuung, die Finanzierung der Pflege und die Transfers zwischen Ländern und Gemeinden.



„Mit viel Disziplin schaffen die Gemeinden, die ihnen gesteckten Ziele. Die anderen Ebenen müssen sich an das Verursacherprinzip halten: Wer etwas bestellt, muss auch dafür zahlen. Das gilt besonders für die Kinderbetreuung und die Finanzierung der Pflege.“ Abschließend appelliert er auch noch an mehr Budgetdisziplin auf den anderen Ebenen: „Würden alle Ebenen so wirtschaften, hätten wir keinerlei Budgetsorgen in Österreich.“

Schlagwörter