Klassisches Telefon im Freien
"Den ausbauwilligen Gemeinden kommen viel zu wenig Mittel zugute." Aus dem Bericht über die Evaluierung der
Breitbandinitiative des BMVIT in den Ländern 2015/2016. Foto: Shutterstock

Förderung muss moderner werden

Im Sommer wurde die Evaluierung der Breitbandförderung des Bundes veröffentlicht. Gerade zeitgerecht für eine Neuausrichtung der Förderung.

Die Forderungen des Gemeindebundes nach einer zukunftsorientierten und effektiven Breitbandförderung im ländlichen Raum füllen schon seit Jahren die Resolutionen der Gemeindetage. Gerade angesichts der Bundeswahlen ist es an der Zeit, vor allem den künftigen Verantwortlichen klare Forderungen mitzugeben.



Im Sommer dieses Jahres wurde der Bericht über die Evaluierung der Breitbandinitiative des BMVIT in den Ländern 2015/16 publiziert. Gerade zeitgerecht für eine Neuorientierung und zur besseren Dotierung dieser Förderung, würde man aus Sicht der Gemeinden meinen. Denn es stellt sich die Frage: Können wir es uns leisten, in der Frage einer künftigen Schlüsselinfrastruktur weiterhin nur zu kleckern? Viel zu wenig Mittel kommen den ausbauwilligen Gemeinden zugute. In dieser wichtigen Technologie bedarf es neben einer klaren und mutigen Prioritätensetzung auch ein Bekenntnis zur Umsetzung.

Von der Breitbandmilliarde war noch nicht viel zu spüren



Der Bericht enthält eine Fülle von Reformvorschlägen, die jedenfalls aufzuarbeiten und zum Großteil Wasser auf die Mühlen der kommunalen Interessensvertreter sind. Man erinnere sich nur an den Flaschenhals bei den Förderungen, an den Aufgriff von Fördergelder durch Betreibergesellschaften, an die Tücken der Förderkarte, die manche Gemeinden gänzlich um jede Förderung brachten. Von der angekündigten Breitbandmilliarde war bei den Gemeinden übrigens noch sehr wenig zu spüren. Auch diese Kritik kam zuletzt nicht nur aus der kommunalen Ecke.

 

Zeitliche Entwicklung der Zukunftstechnologien im Festnetz. Quelle: bmvit Breitbandbüro: Bereit für schnelle Netze, Planungsleitfaden Breitband, Technische Verlegeanleitung zur Planung und Errichtung von Telekommunikations-Leerrohr-Infrastrukturen, 1. Jänner 2017, Erstellt im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Techno-logie (bmvit) von DI Heinrich Loibner (www.loibner.com)





Zu Recht wurde von Wirtschaftsminister Mahrer die Frage gestellt, warum sich Österreich bei seiner Förderung so bescheiden ausnimmt. Etwa im Vergleich zu Deutschland, wo öffentliche Hand und Wirtschaft gemeinsam 100 Milliarden Euro in die digitale Infrastruktur investieren.



Österreich hat etwa die Größe eines Zehntels der Bundesrepublik, und wir sprechen noch immer nur von einer Milliarde. Und die hat es eigentlich gar nicht verdient, eine solche genannt zu werden. Freilich sind noch gar nicht alle Mittel zur Ausschüttung gekommen, der Evaluierungsbericht untersuchte erst die Phase 1 der Förderung in den Jahren 2015 und 2016. In diesem Zeitraum wurde der Großteil der Finanzmittel von Telekom-Betreibern in Anspruch genommen. Die Förderschienen „Access“ und „Backhaul“ wurden dabei hochgradig ausgenutzt, es flossen etwa 165 Millionen Euro. Die Mittel, die für Leerverrohrung verstärkt den Gemeinden zur Verfügung stehen sollten, wurden lediglich zu knapp 40 Prozent ausgeschöpft. In den zwei Ausschreibungen für die Leerrohrförderung flossen also lediglich 39 Millionen Euro.

Hoffentlich nicht nur Lippenbekenntnisse



Freilich werden ja auch in den kommenden Jahren Fördergelder ausgeschüttet werden, und es kommt aus dem Bereich der Betreibergesellschaften auch immer wieder die Versicherung, dass vom Access und Backhaul auch der ländliche Raum profitieren wird, weil eben hier die Zubringer mit Glasfasertechnologie ausgestattet werden sollen. Es muss aber zulässig sein nachzufragen, ob das aus den Führungsetagen der Betreiberfirmen wirklich ernst gemeint ist oder ob dies nur Lippenbekenntnisse sind. Man erinnert sich nur zu gut, dass es ja die so genannten Planungsabsichten der Betreiber waren, die mit bekundeten Ausbauplänen die Förderfähigkeit größerer Ausbaugebiete behindern konnten. Oft wurde dabei auch nur die zweitbeste Variante des Vectorings gewählt, einer Technologie, die für díe künftig erforderlichen Datenraten sehr bald nicht mehr ausreichen wird.



Die Studie weist daher auch darauf hin, dass die meisten europäischen Länder ihre Priorität auf die flächendeckende Verfügbarkeit von Glasfasernetzen verlegt haben. Mehrere europäische Länder haben dabei schon eine Glasfaser-Netzabdeckung von 50 Prozent erreicht. Österreich und Deutschland sind dabei noch weit abgeschlagen.



Die Studienautoren stellen daher zurecht die Frage, ob die österreichische Breitbandförderkarte bei der Festlegung der Kriterien für eine Versorgungslücke nicht auch eine höhere Bandbreite definieren könnte, also zum Beispiel 100 Megabits pro Sekunde statt des bisherigen Referenzwertes von 30 Mbps.

Investieren - aber richtig



Dieses Beispiel erklärt, dass man zwar nach außen eine so genannte „Technologieneutralität“ wahren, jedoch durch die Festlegung der Mindestleistung ein klares Bekenntnis zur Zukunftstechnologie abgeben kann. Die Studie spricht angesichts der Kapazitäten der Glasfaser von einem säkularen Technologiewandel. Wer hierbei noch mit einer Technologie aus dem vorvergangenen Jahrhundert rechnet, hat schon verloren.



Die 30 Mbps waren übrigens jene Hintertür, die einen echten Wettbewerb der Technologien verhinderte. Freilich ist das Vectoring eine kostengünstige Variante zur Erreichung einer niedrigen Schwelle. Diese Schwelle wird aber bald nicht mehr der Stand der Technik sein. Gerade der für die jetzt bereits entwickelten Anwendungen nötige Datenfluss kann nur durch höhere Bandbreiten gewährleistet werden, und es stellt sich die Frage, ob nicht jener, der billig kauft, letztlich auch teuer kauft. Denn Investitionen in eine bald nicht mehr verwendbare Technologie verdienen diesen Namen nicht, sie sind Kosten, die eine verspätete Innovation nur verteuern. Wollen wir in Zukunft also die Vorteile von Glasfasernetzen nutzen oder nicht? Dann brauchen wir aber nicht nur ein Breitbandziel, sondern auch ein Glasfaserziel.

Politik entscheidet über Technologie



Über die Frage der zu nutzenden Technologie kann und wird letztlich nur die Politik entscheiden. Und hier wird es auch ein klares Bekenntnis der kommenden Regierung geben müssen. Aber auch zu dieser Frage wurde uns eigentlich bereits eine maßgebliche Antwort im Regierungsprogramm 2017/18 gegeben. Darin heißt es nämlich, dass die Breitbandstrategie das Ziel verfolgt, bis 2020 flächendeckende Verfügbarkeit von ultraschnellem Internet von 100 Mbit pro Sekunde zur Verfügung zu stellen. Es müssen aber, so das Papier weiter, bereits jetzt die Ziele darüber hinaus definiert werden, um Österreich in die Top-Digitalisierungs-Länder zu bringen: Bis 2025 sollen 10 Gbit pro Sekunde flächendeckend verfügbar sein. Soweit die bisherigen Zielsetzungen. Die 10 Gbit pro Sekunde sind übrigens um zwei Zehnerpotenzen mehr als die 100 Mbits.



Diese Ziele wird man nur mit der modernsten Technologie erreichen können, und es wird auch mehr Geld kosten. Eine auch nur um eine Zehnerpotenz vervielfältigte Milliarde wäre dabei schon eine Geste, ein effektiver Umsetzungsplan der logische und notwendige weitere Schritt. Er muss dann beweisen, dass uns die Zukunft in unserem Land auch etwas wert ist – und das flächendeckend.

Komplementarität von Festnetz und Mobilfunk



Und wie soll die Breitbandstrategie künftig mit der Komplementarität von Festnetz und Mobilfunk sowie mit dem Prinzip der Technologieneutralität umgehen? „Die nachfrageseitige Komplementarität wird angebotsseitig dadurch unterlegt, dass mit 5G eine (noch) stärkere Integration der Netzinfrastruktur von Mobil- und Festnetzen erfolgt. Die Verwendung hoher Frequenzbereiche für 5G bedingt eine deutliche Verdichtung des glasfaserbasierten Anschlussnetzes für die wachsende Zahl von Antennenstandorten und das Erfordernis kurzer Latenzzeiten. Mit anderen Worten, ein vollentwickeltes 5G-Netz ist ohne ein flächendeckendes Glasfasernetz nicht denkbar. Die Möglichkeiten von 5G auf der anderen Seite sind in der Lage, Gigabitkonnektivität auch in Gebäuden zu verbreiten, ohne dass es dazu eines Austauschs der Inhaus-Verkabelung bedarf. Die zunehmende Konvergenz von Fest- und Mobilnetzen wird durch die Virtualisierung von Netzfunktionen weiter unterlegt. So können zentral angebotene virtuelle Netzfunktionen für beide Netzzugangsarten (fest und mobil) verwendet werden (z. B. ein IMS zur zentralen Netzsteuerung).

Auch können sich Network Slices (Virtuelle Netze für bestimmte Anwendungen) über beide Netzformen erstrecken.



Eine nachfrageorientierte Breitbandpolitik muss künftig noch mehr als aktuell die Verfügbarkeit von mobilen und festen hochleistungsfähigen Breitbandzugängen unterstützen. Das schließt nicht aus, dass es lokal Prioritäten der Verfügbarkeit geben kann, um die schnelle Verfügbarkeit wenigstens einer leistungsfähigen Infrastruktur sicherzustellen.“ (zitiert aus Evaluierung der Breitbandinitiative bmvit – 2015/2016, Seite 148.)