Anzug vor Österreich-Flagge
Landflucht wird von allen Politikern als großes Problem angesehen.
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Was die Parteien wollen

KOMMUNAL hat sich einige Punkte aus den Wahlprogrammen der derzeitigen Parlamentsparteien angesehen, die für Gemeinden relevant sind. Wirklich Aussagekräftiges findet sich fast nur bei SPÖ und ÖVP.

Die Suche nach gemeinderelevanten Aussagen in den einzelnen Wahlprogrammen ist nicht einfach. Zu beachten ist dabei, dass das Programm der ÖVP noch nicht vollständig veröffentlich ist. Von der FPÖ liegt, zumindest wenn man auf der Partei-Homepage sucht, nur das Wirtschaftsprogramm vor. Die Programme von Grünen und vor allem von NEOS sind relativ wenig aussagekräftig.



Die meisten Aussagen zu den Themen „Gemeinden“ und „ländlicher Raum“ gibt es in den Wahlprogrammen der Noch-Koalitionsparteien ÖVP und SPÖ. Den größten Umfang nimmt dabei das Thema Landflucht ein, die von beiden Parteien als ein zentrales Problem gesehen wird. Beide beklagen die Abwanderung aus dem ländlichen Raum und die Zuwanderung in die großen Städte, die dort für eine Zunahme des Verkehrs und zu einem Mangel an leistbaren Wohnraum sorgt. Die SPÖ konstatiert, dass es vor allem junge Frauen sind, die dem Landleben den Rücken kehren. Was aber dagegen tun?

Breitband fordern alle



Ein wichtiger Punkt um den ländlichen Raum als Wirtschaftsstandort attraktiv zu machen ist sowohl für die SPÖ wie auch für die ÖVP der Ausbau von schnellem Breitband-Internet.



Die SPÖ will den ländlichen Raum „zukunftsfit“ machen. Dazu brauche es vor allem öffentliche und private Investitionen in die regionale Infrastruktur. Über eine Milliarde Euro will SPÖ-Chef Christian Kern in eine Standort-Offensive investieren, um den „Wirtschaftsstandort ländlicher Raum“ zu stärken. Das Geld soll in Maßnahmen wie eben den Breitband-Ausbau oder auch in lokale KMU-Förderung fließen.



Die ÖVP will im Wirtschaftsbereich stärkere Kooperationen zwischen regionalen Leitbetrieben und setzt auch stark auf „Smart Cities, die „eine bedarfsgerechte Nahversorgung energieeffizient, ressourcenschonend und emissionsarm miteinander verbinden“ sollen.

Raumordnung ändern



Die FPÖ bedauert in ihrem Wirtschaftsprogramm, dass es in rund 350 der 2.357 Gemeinden (Anm.: richtig wäre 2.100) keinen eigenen Nahversorger mehr gibt. Zur Stärkung von KMU und der Nahversorgung soll daher „eine effiziente Raumordnung die ,Explosion‘ von Einkaufszentren auf der grünen Wiese eindämmen.“



Auch die Grünen kritisieren eine „fehlgeleitete Rau- und Siedlungsentwicklung“ – und zwar vor allem die Verbauung von Grund und Boden. Als beispielhaftes Mittel dagegen sehen die Grünen das neue Salzburger Raumordnungsgesetz, das unter Federführung der Grünen Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler entstanden ist. Dort ist unter anderem vorgesehen, dass neue Baulandwidmungen auf zehn Jahre befristet sind, dass bestehendes Bauland durch eine Infrastrukturabgabe mobilisiert werden soll und dass Verbrauchermärkte nur mehr in Ortskernen entstehen sollen.

ÖVP fordert gleichwertige Lebensbedingungen



Die ÖVP betont ihr Anliegen, gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen in allen Regionen Österreichs, sowohl in Ballungszentren wie auch am Land, zu schaffen: „Wer im ländlichen Raum leben möchte, der muss die gleiche Versorgungsicherheit haben wie in der Stadt. Das betrifft Gesundheit, Infrastruktur und Arbeitsplätze. Wir brauchen einen Mix an Maßnahmen, um die Versorgungssicherheit zu gewähren.“



Bund, Länder und Gemeinden sollen, so die ÖVP, einen neuen länderübergreifenden Raum- und Entwicklungsplan erarbeiten. Außerdem will sich die Mannschaft um Sebastian Kurz dafür einsetzen, dass der Masterplan für den ländlichen Raum umgesetzt wird. Gefordert wird auch die Verlagerung einzelner Bundesbehörden in Regionen.

Öffentlichen Verkehr ausbauen



Beide Regierungsparteien sehen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs als wesentlichen Punkt zur Verbesserung der Mobilität im ländlichen Raum. Die ÖVP schreibt dazu: „Es braucht attraktive Zubringersysteme zu den Zentren des öffentlichen Personennahverkehrs und auch verstärkt Querverbindungen für eine verbesserte Erreichbarkeit der regionalen Zentren.“



Die SPÖ verlangt Investitionen in Bus- und Schienenverkehre, in den Streckenausbau und in Park&Ride-Anlagen sowie in die Förderung von lokalen „Mikro-Öffis“.

Ganztageskinderbetreuung vs. Freiräumen für Familien



Im Bereich der Kinderbetreuung verlangt die SPÖ das Recht auf Ganztages-Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr sowie Ganztagsschulen. Die ÖVP kritisiert dagegen, dass die Familienpolitik in Österreich stark durch direkte Geldleistungen und indirekte Leistungen wie Kinderbetreuungs- oder Bildungseinrichtungen geprägt ist. Sie will hier insofern eine Änderung, als den Familien „von vornherein weniger weggenommen“ werden soll: Für jedes Kind unter 18 Jahren soll es in Zukunft einen Steuerbonus von bis zu 1.500 Euro pro Jahr pro Familie bei der Lohn- und Einkommensteuer geben.



Auch bei den Schulen setzt die SPÖ auf Ganztagesangebote. Kritisiert wird, dass im Schulbereich verschiedene Verwaltungssystem aufeinander treffen. Daher fordert sie SPÖ klare Zuständigkeiten und gemeinsame Strukturen. Die Schulen sollen weitgehend autonom sein. Die Volkspartei wird sich mit dem Thema Schule erst in einem demnächst vorzustellenden Teile ihres Programms widmen.

Landärzte vs. Gesundheitszentren



Um die Gesundheitsversorgung auf dem Land sicherzustellen, will die ÖVP „Landarzt-Stipendien“ vergeben. Bereits während des Studiums sollen angehende Mediziner finanziell gefördert werden, wenn sie sich bereit erklären, später zumindest für eine gewisse Zeit eine Stelle im ländlichen Raum anzutreten.



Auch die SPÖ stellt fest, dass es – vor allem auf dem Land – immer schwieriger wird, Kassenpraxen nachzubesetzen. Sie will neue Modelle der wohnortnahen Erstversorgung fördern, in denen die Gesundheits- und Sozialberufe in Teams enger zusammenarbeiten

ÖVP will Gebührenbremse



Die ÖVP kritisiert häufige Gebührenerhöhungen, vor allem in Wien. In der nächsten Legislaturperiode sollten Gebühren, so die Volkspartei, nicht über der Inflationsrate erhöht werden. Ein jährliches Gebührenranking solle einen Vergleich zwischen Gemeinden ermöglichen.

Und die NEOS?



Im „Zukunftsmanifest“ der NEOS kommen die Begriffe „Gemeinde“ und „ländlicher Raum“ nicht vor. Kritisiert wird allerdings der „Spendierföderalismus“. Die Länder sollen in die „budgetäre Verantwortung“ geholt werden, in das „Förderunwesen“ solle Licht gebracht werden, fordern die NEOS.