Kommunalpolitiker freuen sich in Wenigzell
Das Naturstofflabor soll Wenigzell neue wirtschaftliche Chancen eröffnen. Der Standort wurde bewusst auf dem Land gewählt. Gier die Eröffnung mit „Science Buster“ Werner Gruber.
Foto: Harald Klemm

Gegen den Trend

2. Mai 2017
In Wenigzell wurde etwas umgesetzt, das sich viele andere Bürgermeister für ihre Gemeinde wünschen würden: Es konnte nicht nur ein Betrieb für hochqualifizierte Arbeitskräfte angesiedelt werden, auch die Einwohnerzahl ist wieder gestiegen.

Herbert Berger ist seit ungefähr zwei Jahren Bürgermeister der oststeirischen 1400-Einwohner-Gemeinde Wenigzell. Die Gemeindestrukturreform hat die Gemeinde nicht betroffen, die Bezirksreform schon, denn die Gemeinde liegt nun im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld. Im Interview spricht er über Abwanderung, Leerstand und wie man innovative Projekte in die Gemeinde locken kann.



Als Berger die Gemeinde „übernommen“ hat, war Wenigzell recht gespalten. Seinem Vorgänger wurden Dinge angelastet, wofür er nichts konnte. So beispielsweise, dass die Hauptschule zugesperrt wurde, oder dass Flüchtlinge in die Gemeinde kamen. „Ich wollte Wenigzell weiterentwickeln, die Bevölkerung wieder einen, damit wir alle an einem Strang ziehen. Inhaltlich wollte ich Maßnahmen gegen die Abwanderung setzen, den Tourismus stärken und die Infrastruktur aufrechterhalten“, so Berger. Wenigzell hat relativ wenig Wohnungsangebot. Um auch die Jugend weiter im Ort zu halten, mussten Projekte umgesetzt werden.



Einen Teil haben auch die 23 Flüchtlinge, die die Gemeinde aufgenommen hat - dazu beigetragen, dass Wenigzell nun wieder mehr Einwohner hat. Es hat sich auch ein großes Netz an Ehrenamtlichen gebildet; die Flüchtlinge werden auch gemeinnützig, beispielsweise beim Kindergartenumbau, beim Straßenkehren oder den Müllsammelaktionen im Frühling, beschäftigt. „Wichtig ist“, so Berger, „dass man von Beginn an eindeutige Regeln dafür ausgibt.“

Arbeitsplätze für Hochqualifizierte in die Gemeinde geholt



Aber der größte Coup, den Berger landen konnte, war die Ansiedlung eines Naturstoff-Labors, das für zehn hochausgebildete Menschen Arbeitsplätze in der Gemeinde geschaffen hat. Wie er das geschafft hat?



„Wir haben sehr wenig Industrie in der Region, daher gibt es auch wenige Arbeitsplätze für Hochqualifizierte. Um trotzdem attraktiv für Unternehmer zu sein, bemühen wir uns schon ganz besonders. Die leerstehenden Gebäude in der Gemeinde stellen wir den Jungunternehmern zum Beispiel kostenlos oder sehr günstig zur Verfügung. Dieses Angebot nahm Günther Holzer, der bereits ein Ingenieurbüro hat, an und baute die Räume in der alten Volksschule um 300.000 Euro zu einem hochtechnologisierten Naturstofflabor um. Hier werden künftig regionale Pflanzen wie Sanddorn, Holunder, Heidelbeeren und regionale Kräuter nach ihren Superfood-Eigenschaften untersucht. Dadurch können neue Inhaltsstoffe für die Industrie oder für Kosmetik gefunden werden. Das nützt nicht nur diesem Betrieb, sondern auch vielen landwirtschaftlichen Betrieben in der Region.“

 

Bürgermeister Herbert Berger: „Meine Motivation ist, Wenigzell weiterzuentwickeln.“