Kinderbetreuung ist Sache der Gemeinden, es gibt aber länderweise Unterschiede.
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Umverteilung oder Aufgabenreform?

Im Februar gehen die Finanzausgleichsverhandlungen in die zweite Phase – verhandelt wird unter anderem eine teilweise aufgabenorientierte Zuteilung der Gemeindeertragsanteile bereits ab 1. Jänner 2018.

Wie bereits berichtet, brachte der im November paktierte Finanzausgleich 2017–2021 nicht nur umfangreiche Änderungen bei der Ermittlung der Ertragsanteile oder auch die Schaffung des Strukturfonds, sondern auch eine Reihe von Arbeitsaufträgen für 2017 und 2018 mit sich: So wurde etwa vereinbart, dass Bund, Länder und Gemeinden bis Ende 2018 eine Bundesstaatsreform unter Berücksichtigung der Arbeiten des Österreich Konvents (2003–2005) vorbereiten sollen.



Ebenso Ende 2018 soll ein Benchmarking-System stehen, mit dem sich Bund, Länder und Sozialversicherungen hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Effizienzkriterien vergleichen sollen. Bei den Gemeinden soll dies jeweils innerhalb eines Bundeslandes erfolgen. Daneben sollen (ohne konkrete zeitliche Vorgaben) unter dem Fachbegriff „Spending Review“ ausgewählte Aufgaben und Ausgaben daraufhin untersucht werden, ob sie zeitgemäß sind und die gewünschten Resultate bringen, wo es sinnvolle Ansatzpunkte für Kürzungen und Einsparungen gibt und wo Aufgaben umverteilt und Ausgaben umgeschichtet werden müssen.

Gemeindebund drängt auf breitere Diskussion



Bereits Ende August 2017 soll jedoch schon eine aufgabenorientierte Verteilung von Gemeindeertragsanteilen nach statistischen Indikatoren der sogenannten Elementarpädagogik (Null- bis Sechsjährige) ausverhandelt sein, die dann mittels Verordnung des Finanzministers am 1. Jänner 2018 in Kraft gesetzt werden soll. Damit steht zu befürchten, dass wie in den letzten eineinhalb Jahren auch in den nächsten Monaten von Bundes- aber auch von Landesseite wenig Interesse an einer Aufgabendiskussion bestehen wird, sondern eher an den verschiedenen Modellrechnungen zur Umverteilung von Ertragsanteilen.



Der Forderung der Länder, dass landesweise Mittelverschiebungen neutralisiert werden, ist der Bundesgesetzgeber bereits nachgekommen. Offen ist die Länder betreffend vor allem noch die Frage, ob ihre Transfers und Förderungen an Gemeinden und private Träger auch Teil der Reformmasse werden. Der Gemeindebund wird trotz dieses Zeitplans jedenfalls darauf drängen, dass das Thema Kindergärten nicht nur vor einem finanz-statistischen Hintergrund (Fallzahlen, Öffnungszeiten, Ausgaben je Kind etc.), sondern auch hinsichtlich möglicher Aufgabenreformen, unnötig hoher Qualitätsvorgaben sowie verpflichtender Aufgaben und freiwilliger Leistungen diskutiert wird, denn die Kostensteigerungen resultieren längst nicht nur aus der wachsenden Kinderzahl.

Länderweise Unterschiede



Kinderbetreuung ist Sache der Gemeinden, es gibt aber länderweise Unterschiede. So wird die Betreuung der Null- bis Sechsjährigen im Burgenland fast ausschließlich von den Gemeinden getragen, während in Wien fast zwei Drittel der betreuten Kinder in privaten Kindertagesheimen untergebracht sind. Beträchtliche landesrechtliche Abweichungen finden sich aber auch bei den Gruppengrößen und Betreuungsschlüsseln, womit auch die Kostenstrukturen unabhängig vom Ausbaugrad stark divergieren.



In Relation zur Einwohnerzahl haben Wien und Vorarlberg die meisten Null- bis Sechsjährigen, während das Burgenland, Kärnten und die Steiermark mit Überalterung zu kämpfen haben. Weiters zeigt sich, dass Kinderbetreuung in Wien sehr stark in Krippen und altersgemischten Einrichtungen erfolgt, während der klassische Kindergarten besonders stark in Niederösterreich vertreten ist (wo vom Land auch das Kindergartenpersonal bezahlt wird). All diese Eigenheiten werden es in den nächsten Monaten sehr herausfordernd machen, einen bundesweiten Indikatoren-Mix zu entwickeln, nach welchem ab 2018 ein Anteil der Gemeindeertragsanteile anstelle des aBS nach aufgabenorientierten Schlüsseln verteilt wird. Dieser Anteil soll auch die Relation der Kinderbetreuung in den Gemeindehaushalten abbilden und kann daher maximal zehn Prozent der gekürzten Ertragsanteile ausmachen, wie der Österreichische Gemeindebund bereits in den FAG-Verhandlungen festgehalten hat.



Viel Diskussionsstoff für die nächsten Monate: Welche Indikatoren? Die Kosten für Personal und Infrastruktur fallen je Gruppe und nicht je Kind an. Wann gibt es den Fixbetrag, welche Zu- und Abschläge und welche Gewichtung? Öffnungstage, Öffnungsstunden, Größe der Gruppen und Anzahl je Standort, öffentlich oder privat, Krippe, altersgemischte Einrichtung, Kindergarten, länderweise Personalkosten oder bundesweite Normkosten, zumutbare Entfernung, Möglichkeit von Kooperation, Auswirkungen auf die aktuellen Kostenbeiträge und vieles mehr wird zu diskutieren sein. Einzelne erschwerende Rahmenbedingungen werden statistisch auch nicht abbildbar bzw. auf ganz Österreich umlegbar sein und bedürfen eigener Förderschienen, wie etwa das Thema Migrationshintergrund.



Wie auch bei vorangegangenen Reformen gilt: Ohne frische Mittel wird es eine große Zahl an Verlierern geben. Durch die im Herbst erreichte Dynamik-Garantie bei den Gemeindeertragsanteilen würde es zwar (abseits von Konjunkturkrisen und Steuerreformen) keine absoluten Verluste geben, dennoch würden viele Gemeinden jahrelang einen Gutteil ihrer Ertragsanteile-Dynamik verlieren – bei bleibenden Kosten, denn Kinderbetreuung vor Ort wird es weiterhin brauchen.