Die Ausgaben im Bereich Straßen, Wasserbau, Verkehr waren die am stärksten steigende Ausgabengruppe im Jahr 2016. Bild: www.BilderBox.com

Sehr gutes Zeugnis für Gemeinden

30. November 2017
Rechtzeitig zum Jahresausklang präsentierten Gemeindebund, Städtebund und Kommunalkredit den Gemeindefinanzbericht 2017. KOMMUNAL hat sich die Zahlen angesehen.

Gemeindefinanzbericht 2017 treffen: Die Gemeinden haben wieder Überschüsse erwirtschaftet, und zwar deutlich. Zweitens ist der Schuldenstand der Gemeinden weiter gesunken und drittens sind auch die Investitionen wieder gestiegen. Das bedeutet, dass die Gemeinden nicht nur hervorragend wirtschaften, sie investieren auch – flächendeckend über ganz Österreich – und kurbeln so die lokale und regionale Wirtschaft an.

Die Zahlen im Detail



  • 2016 erwirtschafteten die österreichischen Gemeinden mit 1.716 Millionen Euro den zweithöchsten Überschuss der laufenden Gebarung seit dem Jahr 20001 (der Höchststand war im Jahr 2015 mit 1.728,2 Millionen Euro).

  • Mit einem Maastricht-Überschuss von immerhin 31 Millionen Euro (oder +0,01 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsproduktes (BIP)) trugen die österreichischen Kommunen zum gesamtstaatlichen Konsolidierungspfad bei.

  • Die seit 1. Jänner 2016 vollständig in Kraft befindliche Steuerreform und die daraus resultierende gesunkene niedrigere Dynamik der Ertragsanteile drückt die freie Finanzspitze erneut. Sie liegt bei 448,5 Millionen Euro.

  • Die kommunalen Investitionen stiegen um +1,6 Prozent auf 2.185,1 Millionen Euro und blieben somit auf einem sehr hohen Niveau. Nominell ist das Investitionsniveau 2016 das zweithöchste seit dem Jahr 2000.

  • Die positiven Haushaltsergebnisse resultierten aus den Anstiegen bei folgenden Einnahmepositionen der Gemeinden ohne Wien:

    - Einnahmen aus Gemeindeabgaben: +4,1 Prozent bzw. 136 Millionen auf  3,42 Milliarden Euro; davon 82 Millionen aus der Kommunalsteuer, die um +3,8 Prozent anstieg.

    - Gebühreneinnahmen +3,5 Prozent bzw. 67 Millionen auf 1,96 Milliarden Euro.

    - Einnahmen aus Leistungen +3,3 Prozent bzw. 53 Millionen auf 1,66 Milliarden Euro.

    - Kassenmäßige Ertragsanteile +1,5 Prozent bzw. 108 Millionen auf 7,18 Milliarden Euro.

  • Die positiven Haushaltsergebnisse wurden auch durch weitere Einsparungen bei den Zinsausgaben der Gemeinden unterstützt. Diese sanken um 11,2 Millionen Euro  bzw. -6,8 Prozent auf ein Rekordtief von  153,6 Millionen Euro und blieben damit weiterhin auf einem historisch niedrigen Niveau. Im Vergleich zu den durchschnittlichen Zinsausgaben im Zeitraum 2001 bis 2014 von 284,8 Millionen Euro ersparten sich die Gemeinden somit im Jahr 2016 bei den Zinsausgaben ca. 130 Millionen Euro.

  • Die Ausgaben im Bereich Straßen, Wasserbau, Verkehr waren die am stärksten steigende Ausgabengruppe im Jahr 2016. Sie stiegen deutlich um +16,0 Prozent bzw. 85,6 Millionen auf 622,1 Millionen Euro. Ebenfalls starke Anstiege (in absoluten Beträgen) verzeichneten die Bereiche Gesundheit (+4,9 Prozent bzw. ein Plus von 57,5 Millionen) sowie Unterricht, Erziehung, Sport und Wissenschaft (+4,7 Prozent bzw. plus 79,9 Millionen Euro).

  • Die Ausgabendynamik im Sozialbereich der Gemeinden (Sozialhilfe, Ausgaben für Pflege und Seniorenbetreuung etc.) hat sich im Jahr 2016 verlangsamt. Jedoch stiegen die Sozialausgaben weiter um deutliche +3,5 Prozent bzw. 61,6 Millionen auf 1,82 Milliarden Euro (Anstieg 2015: +7,4 Prozent bzw. 120,8 Millionen Euro).

  • Seit 2011 sinkt der Schuldenstand der Gemeinden. Dieser Trend setzte sich auch 2016 fort. Die Finanzschuld der Gemeinden sank um weitere 118,3 Millionen oder minus ein Prozent auf 11,14 Milliarden Euro. Damit verringerte sich der Schuldenstand der Gemeinden in den letzten fünf Jahren um 546,5 Millionen.

  • Der Stand der Gemeindehaftungen reduzierte sich deutlich um drei Prozent oder 184,8 Millionen auf 5,99 Milliarden Euro.

  • Der Stand der Rücklagen erhöhte sich weiter im Vergleich zum Vorjahr um beachtliche 254,6 Millionen bzw. +13,6 Prozent auf 2,13 Milliarden Euro. Damit befindet sich der Rücklagenstand der Gemeinden (ohne Wien) auf dem Höchststand seit 2000.



Zinsausgaben der Gemeinden (ohne Wien). Zum Vergrößern anklicken.

 „Sorgenkinder“ Freie Finanzspitze und Abgangsgemeinden



Die freie Finanzspitze gilt als Indikator für den finanziellen Handlungsspielraum einer Gemeinde und deren zukünftigen Investitionsverhalten. Sie ergibt sich aus dem Saldo der laufenden Gebarung abzüglich geleisteter Tilgungszahlungen. Mit 448,5 Millionen Euro (2015 waren es noch 631,5 Millionen) ist die freie Finanzspitze aller Gemeinden (ohne Wien) im Jahr 2016 deutlich gesunken. Dieser Rückgang ist vor allem auf die Steuerreform und der daraus resultierenden gesunkenen Ertragsanteile-Dynamik zurückzuführen. Trotz dieser Entwicklung ist es den Gemeinden gelungen, 2016 die Investitionen auf sehr hohem Niveau zu halten, Schulden abzubauen und gleichzeitig die Rücklagen deutlich zu steigern. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich dabei um eine aggregierte Darstellung handelt und dass die Finanzspitzen der einzelnen Gemeinden sehr unterschiedlich sind



Für 2017 wird wieder ein Rückgang der freien Finanzspitze erwartet. Dieser resultiert vor allem aus der schwachen Entwicklung einer der Haupteinnahmequellen der Gemeinden, denn die kassenmäßigen Ertragsanteile der Gemeinden werden 2017 gegenüber 2016 stagnieren. Ein Wachstum ist erst wieder für 2018 zu erwarten.



Freie Finanzspitze der Gemeinden (ohne Wien). Zum Vergrößern anklicken.




 



 



Abgangsgemeinden sind jene Gemeinden, deren Ergebnis des ordentlichen Haushalts negativ ist. Die Anzahl der so ausgewiesenen Abgangsgemeinden bleibt mit 806 im Jahr 2016 relativ stabil (2015 waren es 797). Darüber hinaus ist die Gesamtsumme der Abgänge 2016 von 127 Millionen Euro um 10,5 Millionen (-8,3 Prozent) auf 116,5 Millionen Euro gesunken.



Die Ausgaben aus dem ordentlichen Haushalt übersteigen die Einnahmen aus dem ordentlichen Haushalt im jeweils betrachteten Jahr, eine Berücksichtigung von Überschüssen oder Fehlbeträgen aus den Vorjahren sowie von Einmaleffekten von Einnahmen und Ausgaben findet nicht statt; ebenso werden nach Ablauf des Kalenderjahres von Länderseite zum Haushaltsausgleich überwiesene Bedarfszuweisungsmittel nicht berücksichtigt. Erhoben werden nur Gemeinden ab einem Abgang von mehr als 100 Millionen Euro.

Breite Schere zwischen Transfereinnahmen und -ausgaben



Bei den Transferzahlungen geht die Schere weiter auf. Die Transferausgaben der Gemeinden ohne Wien – sowohl die laufenden Transfers als auch die Kapitaltransfers an andere Gebietskörperschaften – betrugen 2016 3,82 Milliarden Euro (2015: 3,69 Milliarden) und übertrafen die Transfereinnahmen von 2,24 Milliarden Euro (2015: 2,24 Milliarden) um 1,58 Milliarden Euro (2015: 1,45 Milliarden). Somit hat sich die Schere zwischen Transfereinnahmen und Transferausgaben weiter geöffnet. Das heißt, das Defizit aus Transferzahlungen stieg um weitere 122,3 Millionen Euro bzw. +8,4 Prozent (Anstieg 2015: 42,2 Millionen Euro bzw. ein Plus von drei Prozent).



Das Defizit aus Transferzahlungen von 1,58 Milliarden Euro setzt sich aus den Transferströmen zwischen den Gemeinden, Bund, Ländern, Gemeindeverbänden, Sozialversicherungen und sonstigen öffentlichen Rechtsträgen zusammen. Innerhalb der Gemeinden bzw. an Gemeindeverbände und -fonds wurden 2016 netto 1,25 Milliarden Euro (2015: 1,22 Milliarden) verteilt.



Diese Transfers vor allem an Gemeindeverbände betreffen teilweise eigene Aufgaben (Wasser, Abwasser oder Müll). Umfasst sind jedoch auch die Umlagen an Sozialhilfeverbände (oder im Krankenanstaltenbereich), die die Landesaufgaben darstellen. Die Mittel stehen den Gemeinden also nicht zur Verfügung, womit die Umlagenbelastung der Gemeinden im Ergebnis deutlich niedriger dargestellt wird, als dies tatsächlich der Fall ist. Wird dieser Wert von dem zuvor beschriebenen Defizit aus Transferzahlungen abgezogen, ergibt sich für die Gemeinden ein Defizit aus Transferleistungen von 325,2 Millionen Euro (2015: 231,9 Millionen).



Die Nettotransfers zwischen Gemeinden und Bund definieren sich als Summe der Einnahmen aus laufenden Transfers sowie Kapitaltransfers (zum Beispiel Finanzzuweisungen oder Zweckzuschüsse des Bundes) abzüglich der Ausgaben für laufende Transfers und Kapitaltransfers von Gemeinden an den Bund (wie Kostenersatz für Personal). Die Gemeinden erhielten 2016 netto 329,2 Millionen Euro Transfers vom Bund bzw. Bundesfonds (2015: 333,2 Millionen).

Nettotransferbeziehung von Gemeinden und Ländern



Betrachtet man die Nettotransferbeziehung von Gemeinden und Ländern, ergibt sich für die Gemeinden ein Nettodefizit von 501,8 Millionen Euro (2015: 384,3 Millionen). Dabei handelt es sich um den Saldo zwischen laufenden Transfereinnahmen sowie Kapitaltransfereinnahmen (beispielsweise Finanzierungsbeiträge der Länder im Bereich der Siedlungswasserwirtschaft) auf der einen Seite und laufenden Transferausgaben sowie Kapitaltransferausgaben (wie Landesumlage, Sozialtransfers) auf der anderen. Das Nettodefizit der Gemeinden gegenüber den Ländern ist im Jahr 2016 um 117,5 Millionen bzw. 30,6 Prozent gestiegen.



Weitere Nettotransfers wurden von den Gemeinden an die Sozialversicherungsträger (2016: 9,6 Millionen Euro; 2015: 11,3 Millionen) und an sonstige öffentliche Rechtsträger (Gebietskrankenkassen: 2016: 143,0 Millionen Euro; 2015: 169,5 Millionen) geleistet.



Nettoausgabe der Gemeinden 2012 – 2016 (ohne Wien; in Mio. Euro). Zum Vergrößern anklicken.




 



 

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