Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger, Kommunalkredit-Generaldirektor Alois Steinbichler und Gemeindebund-Präsident Helmut Mödlhammer präsentierten den Gemeindefinanzbericht

Diszipliniert gewirtschaftet

6. Dezember 2016
Die Überschüsse der Gemeinden sind auf Rekordhöhe, der Schuldenstand sinkt, und es wird kräftig investiert – das zeigt der Gemeindefinanzbericht für das Jahr 2015, der von Kommunalkredit Austria, Gemeindebund und Städtebund vorgestellt wurde.


Rekord-Überschüsse



Die Gemeinden nahmen (abzüglich Schuldenaufnahme) 18,57 Milliarden Euro ein – ein Plus von 2,4 Prozent. Ausgegeben wurden 18,41 Milliarden. Das ist ein Plus von 1,8 Prozent. Die laufenden Gemeindeeinnahmen stiegen um 2,9 Prozent auf 15,6 Milliarden Euro, die laufenden Gemeindeausgaben um 2,3 Prozent auf 13,9 Milliarden Euro. Somit belief sich der Saldo der laufenden Gebarung auf 1,73 Milliarden Euro. 2015 wiesen die Gemeinden einen offiziellen Maastricht-Überschuss von 176 Millionen bzw. 0,05 Prozent des BIP aus.

Steuer- und Gebühreneinnahmen



Die positive Haushaltssituation 2015 ergibt sich vor allem durch die Entwicklung der Einnahmenseite und Zinsausgabenersparnissen. Die Gemeindeanteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben (Ertragsanteile) stiegen um 3,3 Prozent auf 6,14 Milliarden Euro. Die Einnahmen aus Leistungen stiegen um 3,8 Prozent auf 1,61 Milliarden Euro, die Gemeindeabgaben um 2,4 Prozent auf 3,29 Milliarden. Zudem sanken die Zinsausgaben der Gemeinden um 12,3 Prozent.

Ausgabentreiber Soziale Wohlfahrt



Die Ausgaben abzüglich Tilgungen erhöhten sich 2015 um 322 Millionen Euro oder 1,8 Prozent auf 18,41 Milliarden Euro.



Eine Veränderung gab es bei den stärksten Ausgabenanstiegen in den Gemeindebudgets. Der Bereich „Soziale Wohlfahrt“ war bis zum Jahr 2011 der wesentliche Treiber der kommunalen Ausgaben. Von 2000 bis 2011 stiegen die Nettoausgaben für Soziale Wohlfahrt einschließlich Pflege um 98,8 Prozent. Mit Einführung des Pflegefonds im Jahr 2011 wurde diese Ausgabendynamik vorübergehend gebremst.



Ab dem Jahr 2014 zeigte dieser Ausgabenblock, trotz der Wirkung des Pflegefonds, erneut einen außergewöhnlichen Anstieg. 2015 stiegen die Nettoausgaben für Soziale Wohlfahrt deutlich um 7,4 Prozent auf 1,76 Milliarden Euro. „Wenn diese Steigerungsrate noch ein Jahr anhält, werden die Sozialausgaben im Jahr 2016 zum ersten Mal zum größten Nettoausgabenblock der Gemeinden“, warnt Gemeindebund-Chef Mödlhammer.



Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf den Anstieg der Bezieher von Mindestsicherung zurückzuführen. Deren Zahl hat sich 2013 jährlich um rund zehn Prozent erhöht. „Das sind aber nicht nur Flüchtlinge“, stellt Mödlhammer klar, „auch die schlechte Arbeitsmarktsituation spielt hier eine Rolle.“



Mit einem Anstieg von 129 Prozent oder fast eine Milliarde Euro sind die jährlichen Ausgaben für Soziale Wohlfahrt die am stärksten steigenden Nettoausgaben der Gemeinden seit dem Jahr 2000. Zum Vergleich: Die Inflation betrug im selben Zeitraum nur rund 30 Prozent.



Steigerungen gab es auch bei den Ausgaben für Öffentliche Ordnung (+2,7 Prozent) und Dienstleistungen (ebenfalls +2,7 Prozent). Deutlich weniger ausgegeben wurde für Wirtschaftsförderung, wo es ein Minus von 7,4 Prozent gab.



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Schulden reduziert



Der Schuldenstand der Gemeinden sinkt seit 2011 kontinuierlich. Dieser Trend setzte sich auch 2015 fort. Die Finanzschuld der Gemeinden sank um 0,1 Prozent auf 11,26 Milliarden Euro. Damit verringerte er sich in den letzten vier Jahren um 428 Millionen Euro.



Die Haftungen der Gemeinden sanken im Jahr 2015 um 3,7 Prozent auf 6,18 Milliarden Euro. Ein Grund dafür war die Reduktion der Investitionen in den ausgegliederten Gesellschaften (aufgrund des Wegfalls des Vorsteuerabzugs für Investitionen). Alle Bundesländer mit Ausnahme Vorarlbergs haben die Haftungen reduziert.

Niedrige Zinsen wirken sich vorteilhaft aus



 Das anhaltend niedrige Zinsniveau sorgte dafür, dass die Zinsausausgaben der Gemeinden um fast 13 Prozent auf 164,8 Millionen Euro sanken. Auch 2016 und 2017 werden die Kommunen von der Niedrigzinspolitik der EZB profitieren.

Weniger Abgangsgemeinden



Abgangsgemeinden sind jene Gemeinden, deren Ergebnis des ordentlichen Haushalts negativ ist. Die Anzahl der Abgangsgemeinden sank im Jahr 2015 um 180 auf 797 Gemeinden. 2014 waren es noch 977 gewesen. Dieser Rückgang war unter anderem auf den einmaligen Effekt der Gemeindezusammenlegungen in der Steiermark und einer folgenden Reduktion der Gesamtzahl der Gemeinden zurückzuführen.

Freie Finanzspitze wird zurückgehen



Die freie Finanzspitze stieg im Vergleich zu 2014 deutlich um 16,3 Prozent auf 632 Millionen Euro. Ihre positive Entwicklung hat es den Gemeinden in den vergangenen Jahren ermöglicht, die Investitionen auf hohem Niveau zu halten, Schulden abzubauen und gleichzeitig die Rücklagen zu steigern.



Für 2016 ist allerdings ein Einbruch der freien Finanzspitze auf etwa 444 Millionen Euro zu erwarten. „Grund dafür sind die gesunkenen Steuereinnahmen aufgrund der Steuerreform“, sagt Mödlhammer.

Es wird weiterhin investiert



Die Investitionen der Gemeinden stiegen nur leicht. Mit 2,15 Milliarden Euro blieben sie jedoch auf einem hohen Stand. Mödlhammer: „Von 2013 auf 2014 gab es eine Steigerung um fast 18 Prozent. „Das war ein Jahr, in dem viele davor zurückgestellte Investitionen gemacht wurden, jetzt stabilisieren sich die Gemeinden auf diesem Niveau.“


  • Rund 39 Prozent der Investitionen der Gemeinden flossen in den Aufgabenkreis Dienstleistungen, also in Kanalbau, Kläranlagen sowie Müllentsorgungsbetriebe.

  • An zweiter Stelle steht der Bereich Verkehr mit 25 Prozent der Investitionen.

  • Der drittgrößte Investitionsblock war Bildung (rund 18 Prozent) – hier wurden im Jahr 2015 390,8 Mio. Euro von Österreichs Gemeinden investiert, eine doch merkbare Steigerung im Vergleich zum Jahr 2014.



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